Großes Tennis bis zur maximalen Erschöpfung

Dank größerer Energie bezwingt Carlos Alcaraz im Finale der French Open Alexander Zverev

Echte Liebe: Alcaraz mit Pokal  Foto: reuters

Alexander Zverev fand bewundernde Worte über seinen spanischen Kontrahenten Carlos Alcaraz nach der frustrierenden Finalniederlage bei den French Open im Fünf-Satz-Marathon. Alcaraz sei „ein Tier“, „ein Biest“, er spiele mit einer „Intensität“ wie kein anderer.

Wer weiß, wann Zverev wieder so eine Gelegenheit bekommt. Nach dem Endspieleinzug im Herbst 2020 bei den US Open hatte es nun dreieinhalb Jahre gedauert, bis er erneut in Nahdistanz zu einem Titelgewinn stand. Die Epoche der großen drei (Nadal, Federer, Djokovic) neigt sich dem Ende zu und deren Zepter scheinen Himmelsstürmer wie Alcaraz oder der neue Weltranglisten-Erste Jannik Sinner zu übernehmen.

Alcaraz gibt dabei das Kommando an, wenn es um Grand-Slam-Meriten geht. Seine ersten drei Major-Finals hat er ausnahmslos gewonnen, 2022 in New York, 2023 in Wim­bledon. Und nun das Pariser Endspiel gegen einen sehr guten, aber nicht genügend entschlossenen, nicht ausreichend zupackenden Zverev. Dieser will sich nun ein paar Tage vom Ärger von Paris erholen. Das Rasenturnier in Stuttgart, ließ er durchblicken, werde er wahrscheinlich absagen.

In den kurzen Wochen der Rasensaison muss sich Zverev nicht so sehr um das Energiemanagement bei seinen Auftritten kümmern wie gerade bei den abgeschlossenen Pariser Rutschübungen. Denn dass ihm auf der Zielgeraden des Turniers, nun im Finale, die Puste ausging, war ein ärgerliches Déjà-vu zu vorangegangenen French-Open-Fehlschlägen. Oft war der Deutsche, wie er selbst mal sagte, „brutal einkassiert worden“, weil er sich in Auftaktrunden lang und länger herumgequält hatte.

2024, im Hier und Jetzt, hatte Zverev einerseits Pech, weil das Regenwetter die Plätze langsam machte und ihn seines Geschwindigkeitsvorteils beraubte. Aber dass er fast zwanzig Stunden brauchte, um ins Endspiel zu gelangen, hatte auch mit Konzentrationslücken und einer zeitweise zu defensiven Grundausrichtung zu tun. Und bloß mit physischen Defiziten war Zverevs Einbruch in den Sätzen vier und fünf des Finales nicht zu erklären. Gegen einen angeschlagenen Alcaraz, der in Satz drei einen 5:2-Vorsprung vergeigt hatte, durfte Zverev nie und nimmer sofort 0:4 im nächsten Akt ins Hintertreffen geraten.

Einen Fehler machte Zverev indes nicht – das Scheitern der Fehlentscheidung des französischen Referees Renaud Lichtenstein in die Schuhe zu schieben. Lichtenstein hatte im fünften Satz einen Ausruf eines Linienrichters beim Aufschlag von Alcaraz überstimmt, der Ball war aber im Aus gewesen, wie Bilder des Hawkeye-Systems zeigten. „Unschön“ sei das gewesen, es hätte halt mit dem fälligen Break 2:2 statt 1:3 gestanden, so Zverev, „aber Carlos war der bessere Mann in den letzten Sätzen“. Jörg Allmeroth