Bankenehe über die Alpen hinweg

HypoVereinsbank und Unicredito bestätigen Fusionsverhandlungen. Sollten diese erfolgreich sein, entstünde eine Bank mit viel Marktmacht in Osteuropa. Die gestrige Ankündigung führte zu weiteren Übernahmegerüchten und Sorgen um Arbeitsplätze

VON HERMANNUS PFEIFFER

Die italienische Großbank Unicredito will mit einer milliardenschweren Übernahme die deutsche HypoVereinsbank (HVB) schlucken. Nach monatelangen Gerüchten bestätigen die beiden Geldgiganten nun ihren Willen zur Vernunftehe, sie seien „im Gespräch über eine mögliche Zusammenführung ihrer Unternehmen“, erklärten die Kandidaten gestern in einer gemeinsamen Börsenpflichtmitteilung. Gerüchte um Unicredito und die HVB kursieren seit Jahresanfang, als die Münchner riskante Immobilien-Altlasten von etwa 15 Milliarden Euro eingestanden. An der Börse wurde sogleich spekuliert, dies könne die Vorbereitung für einen Zusammenschluss mit einer anderen Bank sein, „da werden die letzten Leichen aus dem Keller gekehrt“.

Neben den milliardenschweren Immobilien-Altlasten leiden die Münchner noch immer unter dem Ballast aus der Fusion mit der Bayerischen Vereinsbank und unter einem notorisch schwachen Inlandsgeschäft. Die nach Volumen zweitgrößte deutsche Bank hat den Abbau von 2.400 Jobs angekündigt und wurstelt ohne erkennbare Erfolgsstrategie vor sich hin.

HVB-Chef Dieter Rampl hält Unicredito für einen „attraktiven Partner“, schließlich gilt er als die profitabelste Adresse in Italien und könnte der HVB finanziell unter die Arme greifen. Der Börsenwert von Unicredito ist mit rund 27 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch wie der Kurs der Bayern. Selbst als Juniorpartner hätte die HVB nach einem Ausverkauf Zugang zum hochprofitablen norditalienischen Markt, wie umgekehrt Unicredito sich über die Bayern das lukrative Geldgeschäft in Österreich und Süddeutschland angeln könnte. Das macht Sinn, denn das Dreieck München-Wien-Mailand gehört zu den wirtschaftlich stärksten Regionen in Europa.

Starke Präsenz zeigen beide Konzerne zudem in Osteuropa, das zwar arm ist, aber dafür prächtige Wachstumsraten im Finanzbusiness aufweist. Die HVB ist dort dank ihrer profitablen Tochtergesellschaft Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) eine feste Größe und auch Unicredito macht dicke Geschäfte.

„In den neuen EU-Staaten würde ein Zusammenschluss den Wettbewerb erheblich beeinflussen“, befürchtet Ver.di-Finanzexperte Jörg Reinbrecht. In einigen Ländern könnte sogar eine marktbeherrschende Position durch einen Superkonzern entstehen, auf Kosten von Verbrauchern und Jobs. „Eine Fusion würde auch viele Arbeitsplätze kosten“, da ist sich die Gewerkschaft Ver.di sicher. Die Verhandlungen könnten zur bislang größte Bankenfusion in Kontinentaleuropa führen. Die HVB betont allerdings, der Ausgang der Gespräche sei noch offen. Die österreichische Zeitung Presse zitiert jedoch einen Unicredito-Spitzenmanager mit den Worten: „Wir wollen die Mehrheit.“ 14 bis 16 Milliarden Euro dürfte die freundliche Übernahme kosten und würde wohl eine weitere Fusionswelle in Europa lostreten.

Die Commerzbank, selbst einmal Kaufkandidatin für Unicredito, rechnet mit weiteren Übernahmeversuchen in der Branche. Die Deutsche Bank soll an der Commerzbank interessiert sein, und die Kleinste der Großen würde dem Werben der Nummer eins wohl auch gerne Gehör schenken.