DORIS AKRAP LEUCHTEN DER MENSCHHEIT
: Die Angst vor den Karikaturen

Dass der Verlag Yale University Press ein Buch über die Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen 2006 veröffentlicht, ohne diese abzudrucken, ist nichts weniger als Kapitulation. Die Autorin von „The cartoons that shook the world“, Jytte Klausen, erklärte, der Verlag habe nur zum Teil aus Angst vor den Reaktionen gehandelt, er habe befürchtet, unter Muslimen als beleidigend oder antiarabisch zu gelten. John Donatich, Direktor des Verlags, rechtfertigte seine Entscheidung damit, dass er kein Blut an seinen Händen haben wollte.

Ebenso bei Yale University Press ist im März das Buch „Reason, Faith and Revolution“ des Kulturtheoretikers Terry Eagleton erschienen. Darin greift er das Missverständnis des Multikulturalismus an. Dieser würde die Muslime in Ruhe lassen, „damit sie sich um ihren reizenden esoterischen Kram kümmern können“. Kultur sei in der Postmoderne zum „neuen Absoluten“ geworden und werde als die Haut betrachtet, aus der man nun mal nicht nicht herauskomme. „Die Berufung auf Kultur sei ein Verfahren geworden, um „uns sowohl von moralischer Verantwortung wie auch von rationalem Argumentieren zu entlasten“.

Diese Kritik trifft ziemlich genau das Verhalten des amerikanischen Verlags. Der amerikanischen Vereinigung der Universitätsprofessoren ist nur recht zu geben in ihrer ironischen Stellungnahme: „Wir verhandeln nicht mit Terroristen. Wir geben nur ihren voraussichtlichen Forderungen nach.“

Würde der Verlag ernst nehmen, was Klausen in ihrem Buch darstellt, hätte er die dänischen Karikaturen abbilden müssen. Denn Klausen erläutert, dass es sich bei den Protesten gegen die Mohammed-Karikaturen, in deren Folge etwa 200 Leute starben, nicht um eine spontane Eruption beleidigter Muslime gehandelt habe, sondern um gezielte politische Aktionen. Moralische Verantwortung trägt Yale vor allem für die Meinungsfreiheit. Und wenn die nicht gewährleistet ist und Leute deswegen sterben müssen, gilt es, für sie einzutreten und sich nicht zurückzuziehen aus Rücksicht auf vermeintlich kulturelle Unterschiede.

■ Die Autorin ist Meinungsredakteurin der taz Foto: Privat