meinungsstark
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Digitalzwang: Ein Fall für die EU?

„Recht auf analoges Leben: Digital first und trotzdem Bedenken. 3 Millionen Menschen in Deutschland haben noch nie das Internet genutzt, viele wollen kein Smartphone. Warum Digitalzwang ein Problem ist“, taz vom 26. 5. 24

Besten Dank für Ihren kritischen Beitrag zum fortschreitenden App-Zwang. Denn dabei geht es nicht nur um die fortgesetzte Teilhabe von Minderheiten, sondern auch um die Macht außereuropäischer Digitalkonzerne. Richtigstellen möchte ich, dass die DB – entgegen ihrer eigenen Kommunikation – die BahnCard auch nach dem 9. Juni App-frei und plastikfrei anbieten wird als Papierausdruck per download aus dem eigenen Kundenkonto, abrufbar auf https://www.bahn.de/agb (Seite 50). Achim Wörsdörfer

+++ Waffenstillstand! In Gaza! +++

„Gleichsetzung von Netanjahu und Sinwar: Die Hamas wird belohnt. Die Welt stellt, ein halbes Jahr nach dem 7. Oktober, nur noch Israel an den Pranger. Das dürfte selbst die kühnsten Träume der Hamas übertreffen“, wochentaz vom 25. 5. 24

Über diesen Kommentar in der taz war ich wirklich schockiert. Geht die sogenannte Staatsräson gegenüber Israel inzwischen so weit, dass man den israelischen Premier nicht mehr wegen Kriegsverbrechen anklagen kann, nur weil er rein formal demokratisch gewählt wurde und einer rechtsradikalen Koalition vorsteht, die die Rechte der Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland seit vielen Jahren mit Füßen tritt, systematischen Landraub und Existenzvernichtung legalisiert? Über den Terror der Hamas ist alles gesagt und ihre Führer werden zu Recht genauso vom IGH angeklagt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit am 7. Oktober. Dieses Verbrechen rechtfertigt aber nicht, dass das israelische Militär den gesamten Gazastreifen plattmacht, 20-mal so viele Palästinenser tötet und den Palästinensern Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten versagt. Netanjahu ist eben kein Demokrat und wäre auch in Israel längst wegen mehrerer Verbrechen verurteilt, wenn er sich nicht jedes Mal vor einer Verurteilung gerettet hätte, indem er seine ­Immunität mithilfe von rechtsradikalen Extremisten in der Koalition verlängerte. Warum muss man diesen Mann ver­teidigen? Arnold Doerr

Die Entwicklungen am Internationalen Strafgerichtshof und die angekündigte diplomatische Anerkennung Palästinas durch Spanien, Irland und Norwegen sind keine „Belohnung“ der Hamas, sondern plausible Reaktionen auf die falsche Kriegsstrategie Israels. Israels Verteidigungsminister Galant kündigte im Oktober eine komplette Belagerung Gazas im Kampf gegen „menschliche Tiere“ an. Strom, Nahrung und Treibstoff würden abgeschnitten. Schon im Januar urteilte der Internationale Gerichtshof (IGH), Israel müsse sofort genozidale Rhetorik unterbinden und die humanitäre Situation verbessern. Es herrscht jetzt trotzdem Hunger in weiten Teilen. Mit Verweis darauf beschied der IGH am 24. Mai, Israel müsse die Offensive in Rafah stoppen. Das zeigt, wie substanziell die Vorwürfe gegen Israel sind.

Hunger als Waffe einzusetzen ist ein schweres Kriegsverbrechen. Leider gibt es starke Indizien dafür, dass das in Gaza geschieht. Mittelbar zählt dazu sogar der Luftabwurf von Hilfsgütern durch die USA, Deutschland und andere. Diese Verbündeten haben Israel auch mehrfach ermahnt, selbst die humanitäre Versorgung zu verbessern. Wenn in dieser Lage Amtstragende von internationaler Justiz und europäischen Regierungen schmerzhafte Entscheidungen gegen Israel treffen, reagieren sie auf Fehlentscheidungen Israels. Dessen Regierung hätte unter anderem den bloßen Eindruck einer Hungerstrategie verhindern können und müssen, tut das aber nicht. Völlig recht hat ihr Kommentar damit, die grausame Brutalität der Hamas dürfe nicht vergessen werden. Dafür, dass dies derzeit droht, trägt allerdings Israels Regierung die Hauptverantwortung. Allen, die das bezweifeln, empfehle ich die Folge des Podcasts Unholy der beiden jüdischen Medienschaffenden Yonit Levi (Tel Aviv) und Jonathan Freedland (London) vom 23. Mai in voller Länge.

Hans Dembowski, Frankfurt am Main