Luise Greve war bei der Medienmesse re:­pu­bli­ca
: Dabei sein um jeden Preis

Schon bei der Anreise in der U-Bahn sieht man Menschen in Anzügen und Sommerkleidern mit bunten Festivalbändchen mit dem Aufdruck „re:publica 24“. Sie steigen am Gleisdreieck aus und strömen 50 Meter weiter in die riesigen Hallen der Station Berlin in Kreuzberg. Seit Montag bis Mittwoch läuft hier die Medienkonferenz re:­pu­bli­ca. Die Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen beschreiben die Veranstaltung als „Festival für die digitale Gesellschaft“ und „größte Konferenz ihrer Art in Europa“.

Seit 2007 findet die re:­pu­bli­ca jedes Jahr in Berlin statt. Das dreitägige Event ist praktisch die Klassenfahrt der deutschen Medienunternehmen. Aus allen Ecken des Landes reisen Jour­na­lis­t:i­nnen und Medien-Leute an, um in Berlin über Netzkultur, KI & Co zu reden. Auch politische Initiativen, Stiftungen und Po­li­ti­ke­r:in­nen sind vertreten.

So waren am Montag Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) vor Ort. Am letzten Tag spricht der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck mit der Journalistin Isabel Schayani und der Historikerin Christina Morina über Populismus. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) sind dabei.

Die Stimmung ist heiter, es gibt Stände, Panels, Workshops, Podiumsdiskussionen und abends Karaoke. Das Teilnahme an der Medien­sause muss man sich allerdings erst mal leisten können: Ein Standardticket kostet 299 Euro, die all-inclusive Businessvariante satte 999 Euro. Ermäßigte Pässe gibt es ab 99, Abendkarten für 18 Euro. Nur Kinder unter 15 kommen umsonst rein. Auch die Verpflegung ist alles andere als günstig. Ein mickriger Vollautomat-Cappuccino kostet 4,50 Euro, ein Burrito 12 Euro. Eine Gruppe Schü­le­r:in­nen sagt, sie hole sich lieber außerhalb des Geländes etwas zu essen. Ist billiger.

An den Hallenwänden prangt das diesjährige Motto der re:­pu­bli­ca: „Who cares“. Es soll um Care-Arbeit, Pflegeroboter, den demografischen Wandel und sozialen Zusammenhalt gehen, alles im Zeichen der Digitalisierung. Die Ver­an­stal­te­r:in­nen bewerben das Ganze so: „Die re:­pu­bli­ca ist der Ort, an dem Menschen eine Bühne finden, die sich in ihren Arbeitsbereichen für diejenigen einsetzen, die sonst wenig bis kein Gehör finden.“

Doch wie kann man über Themen wie unbezahlte Care-Arbeit oder die Situation in der Pflege reden, wenn viele der Leute, um die es geht, sich den Eintritt gar nicht leisten können? Das sieht auch ein Vertreter der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt kritisch, die sich um Ehrenamtsförderung in ländlichen und strukturschwachen Gegenden kümmert. Manche Vereine, hätten nur 10.000 Euro im Jahr zur Verfügung, sagt er. Mit diesem Budget noch auf die Messe zu fahren und die Standgebühr zu bezahlen, sei eher schwierig.

Die Kritik habe man auch an die re:­pu­bli­ca weitergeleitet, sagt er. Die Veranstaltung sei aber eben eine Gelegenheit, sich zu vernetzen. Und da die Stiftung für Engagement und Ehrenamt auch einen Digitalisierungsschwerpunkt hat, wollte man um jeden Preis dabei sein.

Das Problem mit der Finanzierung sieht auch das Team vom Stand nebenan: Der Verband We Care – Wohlfahrt Digital besteht aus sechs Vereinen, unter anderem AWO, Caritas und Deutsches Rotes Kreuz. Man habe sich zusammengetan, anders sei die Standgebühr nicht zu bezahlen gewesen, heißt es.