: Singen in der Gemeinschaft
Meinetwegen halt doch, nur mal zum Vorspiel, diesen Satz: Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder …
Die Fischer-Chöre zum Beispiel. Weiterhin praktizierend und in einem etwas erweiterten Popbegriff eines der erfolgreichsten, nun ja, Pop-Ensembles in Deutschland. Die Fischer-Chöre haben tonnenweise Alben verkauft. Als irgendwie hip aber hat man sie nie betrachtet. Eigentlich eher im Gegenteil. Doch man könnte sie ja wenigstens mal als ein reichlich einzigartiges Partizipationsmodell hören, mit den massenhaft Stimmen, die sich da zusammenfinden, gern über tausend, die alle singen. So viele und noch ein paar mehr, dass das dann eben tendenziell schon über die Bühne hinaus ins Publikum drängt, weil bei einer derartigen Vielstimmigkeit gar nicht mehr auffallen kann, wenn das Publikum selbst mitsingt mit den Fischer-Chören. Wenn es vom Chorleiter nicht sogar explizit dazu aufgefordert wurde.
Weil ja doch gern gesungen wird bei Konzerten.
„Es gibt weniges im Leben, was das übertreffen kann“, bekannte sich Farin Urlaub gerade eben im Tagesspiegel dazu, befragt zum neuen Album der Ärzte. Weil das einer seiner Antriebe sei, mit der Musik immer weiter zu machen: dieses Gefühl, wenn Tausende mit leuchtenden Augen vor einem stehen und die Lieder singen. Mitsingen. Die Lieder der Ärzte in diesem Fall, aber das ist ja durchaus auch bei anderen Konzerten mit anderen Bands immer wieder so, dass da kräftig mitgesungen wird, schon ein wenig wie in der Kirche, weil das gemeinschaftliche Singen eigentlich immer zu Glaubensgemeinschaften zählt.
Wenn es überhaupt noch einen Unterschied bei den Konventionen in der sogenannten E- und U-Musik gibt, dann findet sich der in diesem tätigen Mittun. Mitsingen bei einem Popkonzert geht immer okay, während es bei Aufführungen der E-Musik doch gesellschaftlich geächtet wird, weil man dort im Konzert ja bereits bei einem Hüsteln streng angeschaut wird. Dabei gibt es durchaus den Bedarf, wie das die Mitsingkonzerte des Rundfunkchors Berlin zeigen. Zum zehnten Mal findet es am Sonntag um 16 Uhr in der Philharmonie statt, und dafür reisen dann knapp 1.300 teilnehmende Mitsinger aus ganz Europa an, um Joseph Hadyns „Nelson-Messe“ aufzuführen. Was vorab schon etwas Koordination beim Singen will. Aber auf der Bühne findet sich sowieso kein Platz mehr, und auch fürs bloße Zuhören ist das Konzert bereits ausverkauft. Versprengte Restkarten an der Abendkasse. Und voraussichtlich ab Juni kann man sich dann für das Mitsingkonzert 2013 mit Händels „Messias“ anmelden. Info: www.rundfunkchor-berlin.de. THOMAS MAUCH
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