Virtueller Pranger

Enschede bringt „Straftäter“ in die Zeitung

Die holländische Stadt Enschede stellt Bürger, die sich strafbar machen, öffentlich an den Pranger. Dabei geht es um Gesetze, für deren Einhaltung die Stadtverwaltung zuständig ist, etwa für Bauprojekte oder Gewerbe, die mit gefährlichen Stoffen operieren, zum Beispiel Tankstellen.

Schwerwiegende Ordnungswidrigkeiten und „Unregelmäßigkeiten“, die nach dem Geschmack der Behörden der ostniederländischen Grenzstadt nicht schnell genug gelöst werden, finden sich im wöchentlich erscheinenden Blättchen Huis aan Huis Enschede wieder. Wer zum Beispiel hinter seinem Haus eine Scheune hochzieht, die größer ist, als dies laut Baugenehmigung erlaubt war, oder sich weigert, eine entsprechende Korrektur vorzunehmen, wird mit Anschrift und zu verhängender Sanktion erwähnt. Immerhin: Namen werden nicht genannt.

„Wir glauben, dass diese Maßnahme präventive Wirkung zeitigt“, sagte André van Snellenberg, Chef der Abteilung öffentliche Ordnung der Stadt, der Enschedeer Tageszeitung Tubantia. Wenn die Leute sähen, dass die Stadt die Einhaltung von Gesetzen strenger überwache, würde das andere davon abhalten, sich strafbar zu machen. Für van Snellenberg ist der virtuelle Pranger juristisch nicht angreifbar. Das Sanktionskonzept sei Bestandteil der neuen Law-and-Order-Strategie der Stadt. „Wir wollen den Bürgern klar machen, was geht und was nicht.“

Erstes Opfer war ein Tankstellenbetreiber, bei dem Beamte nach einer Routinekontrolle feststellten, dass er seine Autogasanlage nicht termingerecht beim holländischen TÜV zur Prüfung angemeldet hatte. Der Mann, dessen Name nicht genannt wurde, der aber die vollständige Adresse seines Unternehmens in der Zeitung wiederfand, ist stinksauer. „Meine Kunden denken doch jetzt, dass bei mir sämtliche Benzintanks kurz vor der Explosion stehen“, empörte er sich gegenüber Tubantia. Er erwägt rechtliche Schritte. HENK RAIJER