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: „Es ist jetzt wichtig, sich zu positionieren“

In Hamburg geht der erste Queer History Month in die letzte Wocje

Interview Alexander Teske

taz: Frau Saitzek, die Idee für einen Queer History Month in Hamburg kommt von Ihnen?

Mira-Kristin Saitzek:Queere Geschichte hat mich immer schon interessiert. Gerne habe ich Freunden davon erzählt. Ich habe gemerkt, dass ich auch mittlerweile eine Menge weiß. Auch in der Community ist zum Beispiel nicht allen bekannt, dass der Paragraf 175 des Strafgesetzbuches, der homosexuelle Handlungen kriminalisierte, bis 1994 galt. Zum CSD im August 2023 habe ich dann zum ersten Mal den „Stadtqueergang“ angeboten. Der war so überbucht und die Reaktionen waren so positiv, dass ich ihn auch danach immer weitergemacht habe. Mittlerweile haben den Stadtqueergang schon über 250 Menschen besucht.

Und der queere History Month war der nächste Schritt?

Ich hatte von dem Queer History Month in Berlin gehört und mich gefragt, warum es das nicht in Hamburg gibt. Mein Motto ist ja einfach mal machen, loslegen und rausfinden, ob es funktioniert. Das habe ich dann getan.

Und – wie hat es funktioniert?

Foto: privat

Mira-Kristin Saitzek

Jahrgang 1979, ist Betriebswirtin im Marketing. Seit August 2023 bietet sie in Hamburg den Rundgang Stadtqueergang an.

Die meisten Veranstaltungen sind richtig gut besucht. Das Publikum ist jung und interessiert. Das eigene Queersein in einen historischen Kontext zu stellen, finde ich spannend. Ich wollte allerdings anfangs mit drei bis fünf Veranstaltungen starten, ich habe mich total verschätzt. Es wurde immer mehr, wir sind jetzt bei 25 Veranstaltungen. Der Queer History Month wird deutlich besser angenommen als gedacht. Das ist natürlich voll toll, das bewegt mich sehr und motiviert mich weiterzumachen.

Wird es also auch im kommenden Jahr einen Queer History Month geben?

Ich möchte ihn auch im kommenden Jahr organisieren und fest in der Stadt etablieren. Vielleicht haben noch mehr Menschen Lust mitzumachen, vielleicht ist es möglich, an Fördermittel zu kommen. Auf jeden Fall ist es jetzt wichtig, sich zu positionieren. Denn wir müssen uns bewusst sein: Es kann uns alles wieder genommen werden, unsere Rechte können auch wieder verloren gehen.

Wie stemmen Sie die Organisation?

Salon zum Queer History Month: heute, 18.30 Uhr, Kunsthalle Hamburg

Offene Geschichtswerkstatt „Queere Geschichte“: So, 26. 5., 13–21 Uhr, Kampnagel

Queer History Month, bis 31. 5., Infos: queerhistoryhamburg.de

Es ist schon lange kein Einzelprojekt mehr. Ich habe zwar allein angefangen, auch private Gelder und eine Menge Zeit investiert. Dann aber gab es doch mit dem Verein Hamburg Pride einen Sponsor und es haben sich mehrere Organisationen gemeldet und Veranstaltungen organisiert, viele Einzelpersonen machen mit und kleben Plakate, machen Werbung auf Social Media oder stellen Räume zur Verfügung. Es ist mittlerweile ein Gemeinschaftsprojekt der Community geworden. Das ist einfach großartig.

Was sind denn die Highlights der ersten Ausgabe?

Die zentrale Veranstaltung ist der Salon am 23. Mai in der Kunsthalle. Da wollen wir Erfahrungen austauschen und Netzwerke knüpfen. Sheeko Ismail wird vom seit 2020 stattfindenden Black Story Month in Bremen berichten, Lutz Johannsen wird als Zeitzeuge der 80er- und 90er-Jahre in Hamburg mit uns diskutieren, wie wir Erinnerungskultur generationsübergreifend verankern können. Martin Eichenlaub vom „Denk-Ort sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ wird darüber reden, wie queere Erinnerungskultur in Hamburg sichtbar werden kann. Und unser Schirmherr Gottfried Lorenz wird die Veranstaltung mit einer Begrüßung eröffnen. Ein Highlight ist auch die offene Geschichtswerkstatt auf Kampnagel am 26. Mai: Zeitzeugen berichten bei Kaffee und Kuchen, jeder kann sich einbringen, es gibt eine Kein-Talent-Show mit Drag- und Travestie-Imitation. Das wird gut.