Begräbnis ohne Gäste

Weil man die Halbierung der Universität fürchtet, wurde die Stadt Greifswald auf einem Happening symbolisch zu Grabe getragen. Die Hochschule versucht derweil zu retten, was zu retten ist

von Daniel Wiese

Ein Gespenst geht um in Greifswald. Erst sollte die Theologie dichtgemacht werden (die taz berichtete). Hat nicht geklappt? Gut, dann geht’s jetzt möglicherweise den Geisteswissenschaften an den Kragen. Wie viele Stellen gestrichen werden sollen, weiß keiner. 170? 300? „Wir fürchten das schlimmste“, sagt Alexander Gerberding, Mitglied des Studentenparlaments.

Im schlimmsten Fall, so lauten die Gerüchte, würde die Traditions-Uni in Vorpommern rund die Hälfte ihrer Studierenden verlieren. Statt 10.000 nur noch 5.000 – bei einer Stadt von 55.000 Einwohnern fällt das ins Gewicht. „Greifswald ist so gut wie tot…oder?“, war darum auch das Happening überschrieben, das am Montag in der der Hansestadt stattfand. 650 Holzkreuze lagen auf dem Marktplatz. Die Bürger und Studenten von Greifswald waren aufgerufen, eines aufzunehmen und damit ihr „Nein zu den Kürzungen“ zu symbolisieren. Leider war der Montag regnerisch und kühl. Die meisten Studenten gingen vorbei, kein Professor ließ sich blicken, und auch der Oberbürgermeister blieb lieber im Rathaus. Am Schluss kam eine Dame von der Stadt und kassierte 2,56 Euro für den Strom, den die Lautsprecheranlage verbraucht hatte. „Leider haben wir mit unserem Happening bewiesen, was wir eigentlich widerlegen wollten: Greifswald ist doch so gut wie tot“, bilanzierten die Initiatoren des Happenings leicht frustriert.

Vielleicht ist aber auch nur die Zeit der Happenings und Aktionen vorbei. Noch im April waren 250 StudentInnen aus Mecklenburg-Vorpommern zu einem Staffellauf in die Landeshauptstadt Schwerin aufgebrochen, um Bildungsminister Hans-Robert Metelmann eine symbolische Glühbirne zu überreichen. „Fiat lux“, „es werde Licht“, hieß die Aktion, die sich gegen Streichung von landesweit 600 Hochschulstellen wandte.

Der Bildungsminister kam damals nicht, und es sieht auch nicht so aus, als hätten ihn die Proteste sonderlich beeindruckt. „Wir wollen attraktive, wettbewerbsfähige Hochschulstandorte schaffen. Das müssen nicht unbedingt Volluniversitäten sein“, sagt seine Sprecherin Heike Neitzard.

Die Stellenstreichungen seien ohne Alternative: „Wenn Sie die Bevölkerungsentwicklung bei uns ansehen, haben wir da einen sehr deutlichen Rückgang.“ Studiengebühren schließt der rot-rote Koalitionsvertrag kategorisch aus, doch selbst wenn man darüber nachdenken sollte: an den Stellenstreichungen würde das nichts ändern. „Das ist definitiv keine Lösung“, sagt die Sprecherin des Bildungsministers.

An der Uni Greifswald sieht man das mittlerweile anders. In dem Vorschlag einer Senatskomission, der dem Minister unterbreitet werden soll, ist von „nachgelagerten, einkommens- und erfolgsabhängigen Studiengebühren“ die Rede. Zwar sind die Studierenden-Gremien, Vollversammlung ebenso wie Parlament, nach wie vor gegen ein Bezahlstudium.

Aber auch dort gibt es kein Unisono mehr: So hält der studentische Vertreter in der Komission, Alexander Gerberding, „den Vorschlag für sinnvoll“. Allerdings nur unter der Voraussetzung, „dass die Gebühren tatsächlich in den Uni-Haushalt fließen“. Garantien dafür sind allerdings nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern schwer zu bekommen. Im Juni steht das nächste Treffen zwischen Bildungsminister und Rektoren an.