Eskalation im Multiplex

Kinobesucher beschwerte sich über rauchende Gäste und zahlte beinahe mit dem Leben dafür: Fünf junge Männer im Alter zwischen 18 und 22 Jahren stehen nun vor Gericht

Sie haben gezeigt, dass sie keine Kinder mehr sind. Das abfällige „Kinder“ und „Spinner“ haben die fünf nicht auf sich sitzen lassen. Erst war der Streit verbal, dann wurde er mit Schlägen und Tritten weitergeführt, und schließlich lag einer von Messerstichen verletzt am Boden: Notoperation. Die blutige Auseinandersetzung im UCI-Kinocenter an der Hamburger Straße, die im März vorigen Jahres eine Diskussion über die Sicherheit in der Stadt entflammte, hat seit gestern ein Nachspiel vor Gericht: Das Landgericht eröffnete den Prozess gegen die fünf jungen Männer im Alter zwischen 18 und 22 Jahren, die unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt sind.

Von großspurigem Auftreten kann vor dieser Kulisse keine Rede mehr sein. Einer der Männer beklagt über seine Anwältin seine schlechte Verfassung, weil er eine Grippe hat, ein anderer, weil er die Nacht bei seiner hochschwangeren Freundin verbrachte und unausgeschlafen ist. Am 10. März 2004 noch hatten sich die Schulfreunde weniger als Mimöschen aufgeführt. Da waren sie „übermütig“, wie einer vor Gericht einräumte, und hätten sich als Gruppe „stark gefühlt“. Die fünf fanden es offenbar überaus cool, während des Filmes im Kinosaal zu rauchen. Ein anderer Besucher, der sich beschwerte, musste sich noch anhören, er solle gefälligst „bitte“ sagen.

Als der Film vorbei war, traf man sich im Eingangsbereich wieder. Es kam zu Beleidigungen („Kinder“), Rempeleien und ersten Tritten. Im Verlauf des Streites sollen dann zwei der Angeklagten Messer gezogen und zugestochen haben. Einer der Kontrahenten wurde am Oberschenkel getroffen, ein anderer lebensgefährlich an der Halsschlagader. Nur durch eine Notoperation konnte er gerettet werden.

Vor Gericht behaupten die Angeklagten, die Auseinandersetzung nicht gesucht zu haben. Es habe keine Verabredung gegeben, auf die Kinobesucher loszugehen, die ihnen das Rauchen verwehren wollten. Allerdings hatte der 21-jährige Ömer O. vor der Polizei noch eine andere Version des Abends zu Protokoll gegeben: Demnach haben die Freunde nach der Vorstellung die anderen Kinobesucher bewusst abgefangen, „um noch mal mit ihnen zu reden“.

Der 22-jährige Martin K. bezeichnete es gestern als „Dummheit“, während des Films geraucht zu haben. Er beteuerte, seit diesem Abend jeglichem Streit aus dem Weg zu gehen. Für die ganze Gruppe stimmt das so aber nicht: Kürsat Ü., der die gefährlichen Messerstiche ausgeführt haben soll, ist noch wegen weiterer Schlägereien angeklagt – die im November stattgefunden haben sollen, als längst wegen der gefährlichen Messerstecherei im UCI-Kino ermittelt wurde. Der 19-Jährige befindet sich seither in Untersuchungshaft. Elke Spanner