Wer ist der beste Naturschützer?

Bauern aus dem Blockland streiten mit der Umweltbehörde über die rechtmäßige Anmeldung von Naturschutzgebieten. Sie haben Angst, die Hoheit über ihr Land zu verlieren. Das Oberverwaltungsgericht will in zwei Wochen eine Entscheidung treffen

bremen taz ■ Sie wollen nicht, dass Behörden über ihr Land bestimmen: Die Bauern des Blocklandes ziehen deshalb in einer Berufungsverhandlung bis vor das Bremer Oberverwaltungsgericht. Sie streiten mit dem Land über die so genannte Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Union. Die besagt, dass es in einem FFH-Gebiet keine Nutzungsverschlechterungen von agrarisch genutzten Flächen geben darf. 3.171 Hektar des Blocklandes sind bereits Landschaftsschutzgebiet, große Teile davon sind bei der EU als FFH-Flächen gemeldet. Gutachter stellten fest, dass in den Gräben des Blocklandes der Steinbeißer heimisch ist, der besonders geschützt werden soll.

„Alles Quatsch“, sagt Henning Früchtnicht, der rund 80 Hektar Fläche im Blockland bewirtschaftet. Die Gutachter hätten nicht genau hingeschaut, die Zahlen seien nur grob geschätzt. Für den Landwirt ist die Frage Umweltschutz gegen Landwirtschaft auch eine prinzipielle: „Das ist mein Grund und Boden, und da will ich entscheiden, was da angebaut wird“, sagt der Bauer. Er sei freier Unternehmer, der sich nach den Gesetzen des Marktes richten müsse. „Wird das alles unter Schutz gestellt, schreibt man mir dauerhaft vor, was ich anzubauen habe. Damit bin ich vielleicht irgendwann nicht mehr konkurrenzfähig.“

Der Streit wird dabei immer juristischer. Der Senat als Vertreter des Landes will ein Gerichtsurteil erwirken, dass die Rechtmäßigkeit der Flächenmeldung festschreibt. Wie letztlich der Naturschutz im Blockland aussehen könnte, das weiß heute keiner. „Zunächst gilt die Landschaftsschutzverordnung, die keine weitere Einschränkung der Landwirtschaft vorsieht“, sagt Hans-Werner Blank, Referatsleiter Biotop und Artenschutz beim Umweltressort. Das habe das Beispiel Niedervieland gezeigt, wo ebenfalls Flächen als Naturschutzgebiet ausgewiesen worden seien.

Die Landwirte im Blockland fürchten jedoch, dass ihnen das Ressort vorschreibt, wann sie ihre Weiden zu mähen haben, wie viel Dünger sie ausbringen sollen, ob und wie sie ihre Höfe baulich erweitern können. „Wir haben natürlich eine Handlungsverpflichtung, das Gebiet in seiner vollen Entfaltung so zu erhalten wie es ist“, argumentiert Blank. Bauer Früchtnicht meint dazu: „Wir haben dafür gesorgt, dass sich die Natur hier so entwickeln konnte, das ging ja wohl trotz unserer Wirtschaft.“ Die Fronten sind verhärtet, das Oberverwaltungsgericht will in den nächsten zwei Wochen eine Entscheidung treffen.

Eine mögliche Kompromisslösung ist aber weiterhin denkbar. So könnte das Umweltressort mit den einzelnen Landwirten Naturschutzverträge abschließen, eine Lösung die für Hans-Werner Blank Vorteile birgt. In diesem nicht ungewöhnlichen Verfahren vereinbaren die beiden Parteien, das etwa weniger genutzte Flächen ganz aus der Nutzung herausgenommen werden. Dafür kann der Landwirt dann an anderer Stelle so wirtschaften, wie er es wünscht. „Nur ein vernünftiger Vertragsnaturschutz zu ordentlichen Konditionen bringt uns was“, sagt Hinrich Bavendam, Präsident der Bremischen Landwirtschaftskammer und selbst betroffener Landwirt im Blockland. Und wenn das Oberverwaltungsgericht die Anträge der Landwirte zurückweist? „Wir sind schon weit gegangen, warum sollen wir nicht noch weiter gehen?“, fragt Henning Früchtnicht. Auch gegen einzelne Naturschutzmaßnahmen der Behörde erwägt er in diesem Fall Einspruch. kay müller