Monsieur Oui auf neuem Posten

Dominique de Villepin, enger Vertrauter von Präsident Chirac und bislang Innenminister, ist Frankreichs neuer Premier

PARIS taz ■ Im Februar 2003 wurde der französische Außenminister Dominique de Villepin mit einer Rede zum weltbekannten und -beliebten „Monsieur Non“. Damals vertrat der heute 51-Jährige mit der schlanken Silhouette und dem silbernen Haarschopf im Weltsicherheitsrat das französische Nein zu dem US-amerikanischen Krieg gegen den Irak. Seine Ansprache wurde mehrfach von Beifall unterbrochen und live von Fernsehsendern in alle Welt übertragen.

Seither hat de Villepin in Paris das Ressort gewechselt. Auch, um einen Makel abzuschütteln: nie Wahlkampf geführt zu haben und nie irgendwo gewählt worden zu sein. Als Innenminister hat de Villepin den Kontakt zur Basis gesucht, der ihm in seiner Ausbildung an der Elite-Verwaltungsschule ENA gefehlt hat. „In den vergangenen Monaten habe ich das Leiden und die Ängste der Menschen kennen gelernt“, sagte er kürzlich über seine Zeit als Innenminister, die gestern mit seiner Einführung als Premier zu Ende ging.

Als Innenminister bereitete de Villepin sich zugleich auf die größere Aufgabe vor, die er seit gestern innehat. In Paris pfeifen die Spatzen schon lange von den Dächern, dass er einer von Chiracs wichtigsten Vertrauten ist. Das war schon 1997 so. Da arbeitete de Villepin als Generalsekretär im Élysée-Palast. Er war es, der dem Präsidenten zur Parlamentsauflösung riet. Chirac tat, wie ihm geraten. Löste das Parlament auf. Verlor die rechte Mehrheit. Und musste fünf Jahre mit einer rot-rosa-grünen Regierung kohabitieren. Doch de Villepin blieb. Zahlreiche Rücktrittsforderungen aus den Reihen der rechten Parteien verhallten beim Präsidenten folgenlos.

Ähnlich verhält es sich mit de Villepins Berufung zum Premierminister. Sein gefährlichster Gegenkandidat für das Amt war UMP-Chef Nicolas Sarkozy. Der hatte am Sonntag in einer ersten Reaktion auf das Referendumsergebnis sein Regierungsprogramm öffentlich vorgestellt. Sarkozy hat eine Lobby in den Reihen der rechten Parlamentarier und bei der UMP-Basis. De Villepin nicht. Zahlreiche UMPler trommelten in den vergangenen Tagen für eine Berufung von Sarkozy. Doch Chirac traut dem UMP-Chef nicht. Er wählte den Mann seines Vertrauens: de Villepin, der während der Kampagne für das EU-Referendum bei Auftritten vor vollen Sälen in der Provinz ein „Monsieur Oui“ geworden ist. DOROTHEA HAHN