Die Schatten-Ministerin

Alexandra Dinges-Dierig soll in Schleswig-Holstein Bildungsministerin werden – wenn die CDU die Wahl gewinnt. Das gab deren Spitzenkandidat Jost de Jager am Freitag in Kiel bekannt. In Hamburg wäre so eine Nominierung undenkbar: Dort weckt die frühere Berufsschullehrerin bei Eltern und Lehrern keine guten Erinnerungen. Sie war Schulsenatorin von 2004 bis 2008 – und wenig geliebt.

Angetreten war die zunächst parteilose Politikerin, den Scherbenhaufen zu kitten, den damals ihr Vorgänger, der ehemalige Konteradmiral Rudolf Lange (FDP) hinterließ: Ohne nötigen Vorlauf hatte er das Turbo-Abitur durchgeboxt und die Lehrer über ein bürokratisches Arbeitszeitmodell zu Mehrarbeit gezwungen. Zurück nahm Dinges-Dierig jedoch keine dieser Entscheidungen, sondern sie setzte ordentlich was drauf.

Sie kämpfte nicht für Bildungs-Ressourcen, sondern erwies sich als brave Sparerin. So füllte sie die Hamburger Grundschulklassen auf mehr als 30 Kinder auf. Unter ihrer Ägide wurden Sprachförderstellen gestrichen, Schulen geschlossen, das Büchergeld kassiert, das Schulschwimmen privatisiert und die Zahl der Schülerfahrkarten reduziert. Als es Protest gab, führte sie bald einen „Maulkorb-Erlass“ ein: Lehrer und Schulleiter durften sich fortan nur noch nach Genehmigung durch die Pressestelle öffentlich äußern.

In Erinnerung geblieben ist ihr Vorschlag, Werbung an Schulen zu erlauben und für gestresste Turbo-Schüler den Samstagsunterricht einzuführen. Auch erhielt sie den Big-Brother-Award, weil sie ein Schülerregister einführte, mit dem auch kinder ohne Aufenthaltserlaubnis aufgespürt werden konnten.

So ganz gerecht wird diese reine Negativ-Bilanz der früheren Referentin der Kultusministerkonferenz allerdings nicht: Gegen Ende ihrer Amtszeit setzte sich Dinges-Dierig für die Abschaffung der Hauptschule ein und ebnete den Weg für das Zwei-Säulen-Modell aus Gymnasium und Gemeinschaftsschule. Und sie stand für andere inhaltliche Innovationen wie die Selbstverantwortete Schule, die zum Nach-Pisa-Geist passen und mit denen sie auch jetzt in de Wahlkampf zieht.

Politisch Fuß gefasst hat die 59-Jährige noch nicht so recht. Im Herbst scheiterte sie mit dem Versuch, in ihrer Geburtsstadt Lübeck das SPD-Stadtoberhaupt Bernd Saxe abzulösen. Ein Comeback als Bildungsministerin wäre da aus ihrer Sicht wohl ein krönender Abschluss.  KAJ