schurians runde welten
: Geheimratsecken mit 13

„Ich bin jung und brauche die Spielpraxis.“ (Hamit Altintop)

Fußball ist wie ein großes Märchen, die Fortsetzung der Schneewittchensaga. Nur warten bei den sieben Zwergen keine blassen Jungfrauen, sondern geheimnisvolle Jugendspieler. So raunt die Fachwelt in den letzten Jahren über Freddy Adu, der in USA bereits mit 14 Lenzen Profi wurde. In Ghana soll er Strandfußball gespielt haben, bis die Eltern eine US-Green-Card gewannen. Man munkelte bereits von einem Jahrhunderttalent wie Pelé. Nun ist Adu siebzehn, ein Jugendnationalspieler, Soccer-Liga. Wie die Legende weiter geht?

Obschon ich an der Deutschen Märchenstraße aufwuchs, zu Siebenbergen schwamm und mich im Dornröschenschloss betrank, glaube ich nicht an den Zauber. Ungewöhnliche Jugendfußballer reüssieren entweder wie Portugals Nachwuchsteams unter gefälschten Geburtsdaten, oder sie sind – was eine tragische Note bekommt – frühreif. Müssen sich mit elf rasieren, mit zwölf verloben und mit dreizehn kommen die Geheimratsecken. Weil sie es deshalb an Kraft und Schnelligkeit leicht mit Erwachsenen aufnehmen können, spielen ihre überlegenen Körper schnell in der nationalen Jugendauswahl. Aber: Mit 18, 19 ist Schluss, die anderen haben aufgeholt, der Kopf entscheidet. Mit dem Stigma „ehemaliger Jugendnationalspieler“ irren sie fortan durch Transferbörsen und Mittelklassigkeit.

Märchenhafter sind junge Karrieren, die sich ihre sagenhaften Namen in einer lebensfeindlichen Umgebung gemacht haben. So musste Ronaldo seine Europakarriere als junger Bursche beim PSV Eindhoven beginnen; er lebte also in einem Gewerbegebiet zwischen lauter Lampengroßmärkten, was vieles erklärt. Aber mein Liebling ist Vagner Love, beziehungsweise Vagner Silva Nascimento; damit heißt der 21-jährige immerhin so ähnlich wie Pelé. Love ist ein wendiger Brasilianer, im vergangenen Sommer verschlug es ihn ausgerechnet nach Moskau zum Armeesportclub ZSKA. Vor dem UEFA-Cup Finale flocht sich Herr Love blaue Perlen in die langen Zöpfe und traf zum entscheidenden 3:1. Ein Fußballmärchen.

5.6. Schalke – Duisburg

Wer Geschichten wie diese mag kann auch hierzulande in Jugendligen Ausschau halten – da der Profibetrieb pausiert, sowieso ein schöner Ausgleich. Zum Beispiel in der A-Jugend-Bundesliga (West). Schalke ist hier wie bei den Senioren Tabellenzweiter. Auf Meisterkurs liegt indes der VfL Bochum. Am Sonntag fällt die Vorentscheidung.

Nun darf man den Jugendkick aber nicht verklären: Auch hier geht es ums Geld, um Kopfgeld. Weil Schalkes Mittelfeldlenker Serkan Durmaz gerne wechseln würde, kommt es sogar zum Rechtsstreit. Die Königsblauen verlangen bis zu 200.000 Euros, die im Weltfußball nach dem „Ausbildungs-Entschädigungs-Gesetz“ geregelt werden. Doch kein Platz für Fußballmärchen. CHRISTOPH SCHURIAN