„So hat Bremen keine Chance“

Um die Sparziele des Koalitionsausschusses bei der Investitionsplanung umzusetzen, müsste der Senat noch mehr als 300 Millionen streichen

Bremen taz ■ Seit Wochen tagen die Staatsräte, um auch bei den geplanten Investitionen für die Jahre 2005 bis 2010 einiges zu streichen – bisher vergeblich. Immer wieder werden neue Listen intern und höchst vertraulich verbreitet, die sich von denen des Vormonats kaum unterscheiden. Um 133 Millionen Euro soll laut Koalitionsausschuss-Beschluss das Investitionsvolumen gekürzt werden – als Beitrag zum Sparen. 176 Millionen Euro, die für den Ausbau der Hochschulen eingeplant sind, sollen zudem als Ausgaben in den ordentlichen Investitionshaushalt eingearbeitet werden. Hinzu kommen Projekte, über die viel geredet wird, für die bisher kein Geld im Plan steht: 20 Millionen Euro für das Projekt „Visionarum“ müssten entweder eingeplant werden oder eben nicht. Die Kaiserschleuse in Bremerhaven soll gebaut werden – die Finanzierung ist unklar. Bremen will sich am Tiefwasserhafen finanziell beteiligen – in den Ausgaben-Salden des Senats taucht das Stichwort nicht auf.

Hinter vorgehaltener Hand wird von frustrierenden Sitzungen erzählt, in denen Finanzsenator und Chef der Senatskanzlei um Details streiten. Etwa beim Thema Kulturhauptstadt: Der Finanzsenator hat für Nachfolge-Projekte noch 30 Millionen Euro auf dem Zettel, das Rathaus nur 26,6 Millionen. Darin stecken rund 20 Millionen Euro für den Kunsthallen-Anbau.

Unter dem Strich geht das Zahlenwerk nach wie vor nicht auf. „Ressortanmeldungen“ von 866 Millionen Euro stehen seit Wochen da, das verfügbare Mittelvolumen wird mit 584 Millionen angegeben. Jeder dritte Euro aus „Ressortanmeldungen“ müsste gestrichen werden.

Unter dem Strich, also derzeit nicht finanziert, sind Fördersummen für die Kammerphilharmonie, für das Musikfest und das Musical genauso wie 18 Millionen Euro für die Gesundheitswissenschaften an der Uni.

Dabei haben die Finanzjongleure schon getrickst ohne Ende: Obwohl der Koalitionsausschuss beschlossen hatte, die Investitionsmittel der Jahre 2011 bis 2014 dürften „nur“ bis zu 50 Prozent jetzt schon verplant werden, sollen nun schon 57 Prozent der Mittel festgelegt werden. Das bringt 58 Millionen Euro, die man jetzt nicht einsparen muss.

„Der eigentliche Skandal ist, dass seit Jahren Geld ausgegeben und Verträge unterschrieben werden mit dem Hinweis, dass die Kosten erst irgend wann später in dem Haushalt auftauchen sollen – ohne dass das Finanzressort einen Überblick über die Verpflichtungen hat.“ Der Überblick, das ist die Prognose der Grünen Finanzexpertin Karoline Linnert, würde ergeben, dass der Senat auf Jahre praktisch keinen Spielraum mehr hätte. Linnert fürchtet, dass man sich weiter in Schattenhaushalte flüchtet, um nicht wirklich geplante Ausgaben streichen zu müssen. Mit dieser Art der Finanzpolitik aber hat Bremen, da ist Linnert sicher, „vorm Bundesverfassungsgericht kaum eine Chance“. kawe