„Kein Krieg USA – China ums Öl“

Weil Chinas Wirtschaft wächst, steigen die Ölpreise – auch in den USA. Ein ernster Konflikt um Rohstoffe zwischen Peking und Washington steht aber nicht vor der Tür. Dafür haben China und die USA zu viele gemeinsame Interessen

taz: Mister Roy, die Bush-Regierung scheint in Bezug auf China zwischen einem konstruktiven Umgang und Misstrauen zu schwanken. Warum ist die US-Politik so unsicher, wenn es um China geht?

J. Stapelton Roy: Ich glaube, man darf nicht nur auf die Schlagworte sehen. Das führt in die Irre. Die US-Politik ist kohärent. Es geht um konstruktives Engagement mit dem Ziel, Bereiche strategischer Kooperation mit China auszuweiten. Die US-Regierung weiß, dass China wichtig ist, um den Atomkonflikt mit Nordkorea zu lösen. Es gibt Unterschiede in der Taktik, aber uns eint, dass Nordkorea keine Atomwaffen haben darf. Und der Austausch auf höchster Ebene ist so intensiv wie nie zuvor. Präsident Bush trifft Hu Jintao dieses Jahr fünf Mal.

Aber Bush bietet, anders als Clinton, den Chinesen keine strategische Partnerschaft an. Warum nicht?

Nun, Clinton hat erst langsam gelernt, dass wir gemeinsame Interessen mit China bei vielen strategischen Themen haben einschließlich der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen. Als die Bush-Regierung an die Macht kam, lehnte sie das Konzept einer strategischen Partnerschaft mit China ab. Deshalb kann sie jetzt diese Terminologie nicht benutzen. Politisch arbeiten wir aber in vielen Bereichen mit China zusammen – selbst beim Irak. China war gegen den Irakkrieg, doch heute arbeiten wir mit Peking in Bezug auf den Irak in der UNO besser zusammen als mit Paris oder Moskau. Dies erkennt die jetzige Administration an und schätzt heute ein gutes Verhältnis mit China stärker als früher.

Sie meinen, dass es eigentlich keine echten Probleme gibt?

Doch, klar. Aber weniger im Politischen als im Ökonomischen. Die Hauptprobleme sind der geringe Schutz geistiger Eigentumsrechte in China und natürlich das Handelsbilanzdefizit. Da unterscheiden sich die US-Politiker nicht von anderen: Die Ursachen für das Handelsdefizit liegen zwar hauptsächlich bei uns, trotzdem neigen wir dazu, von anderen Abhilfe zu verlangen.

Chinas rasantes Wachstum führt zu starkem Anstieg der Weltmarktpreise für Öl. Akzeptieren die USA, dass Chinas Wachstum auch in den USA Anpassungen verlangt?

Die USA verstehen, dass wegen Chinas Wachstum die Ölpreise steigen. Die USA wissen auch, dass die Ölvorräte begrenzt sind, tun aber zu wenig für alternative Energien. Die Politik kümmert sich auch zu wenig ums Energiesparen. US-Amerikaner fahren noch immer gern große, energieineffiziente Geländewagen.

Wird es Konflikte zwischen China und den USA ums Öl geben?

Nein, aber Wettbewerb. Die USA werden Chinas legitime Ölgeschäfte nicht blockieren können. Selbst wenn unsere Interessen berührt sind, haben wir kein Recht, uns über China zu beschweren – solange die Chinesen sich an die Regeln halten. Wenn in Zeiten, in denen die USA und die EU Probleme mit Teheran wegen dessen Atomprogramm haben, China aber wegen seiner Ölversorgung gute Beziehungen zum Iran pflegt, gefällt uns das nicht. Aber China verhält sich legitim, solange es nicht Atomtechnologie gegen Öl tauscht.

Die USA machen China für das US-Handelsbilanzdefizit verantwortlich und drängen auf eine Aufwertung der chinesischen Währung. Hilft das wirklich?

China zur Aufwertung zwingen zu wollen, ist kontraproduktiv. Dass einzige Effekt ist, dass, wenn die Chinesen beginnen den Yuan aufzuwerten, sie nun so tun müssen, dass dies nicht wie eine Reaktion auf ausländischen Druck aussieht.

Nützt eine Aufwertung des Yuan denn den USA überhaupt etwas?

Kaum. Die meisten Experten halten den chinesischen Währungskurs in Bezug auf das US-Handelsbilanzdefizit nur für einen Nebenaspekt. Eine Aufwertung des Yuan um zum Beispiel 10 Prozent würde das US-Handelsbilanzdefizit nur um 2 Prozent reduzieren. Eine Lösung wäre die Erhöhung der Sparquote in den USA. Das ist die Wurzel des Problems.

Tut die US-Politik da genug?

Nein, und das ist ein Problem. Denn weil sich die US-Politik nicht genug um ihr eigenes Defizit kümmert, ist auch die Forderung nach einer Yuan-Aufwertung unglaubwürdig. Mal abgesehen davon, dass eine Yuan-Aufwertung auch negative Konsequenzen für die USA haben kann.

Also ist die US-Forderung nach der Yuan-Aufwertung eher ein Ablenkungsmanöver?

Die US-Politiker sagen, was sie wohl für das Beste halten. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Auch US-Politiker sind eben Politiker. INTERVIEW: SVEN HANSEN