Alkohol hat ein zu gutes Image

Die Gesellschaft hat ein Alkoholproblem, nicht die Jugend

VON SEBASTIAN HEISER

Nicht die Jugend hat ein Alkoholproblem – unsere Gesellschaft hat eins. Das Problem ist die schizophrene Einstellung zu Alkohol. Einerseits wird vor den negativen Folgen des Konsums gewarnt. Dementsprechend gibt es auch ein Verkaufsverbot von Schnaps an Jugendliche. Auf der anderen Seite ist Alkohol weit verbreitet: Das abendliche Bier vor dem Fernseher gehört bei vielen Erwachsenen einfach mit dazu. Genauso selbstverständlich ist es, dass Brauereien als Sponsoren für Fußballspiele auftreten. Alkohol ist also – und zwar mit dem Image eines Genussmittels – fest in unserer Kultur verankert.

Mit welchem Recht wollen die Erwachsenen dann den Jugendlichen vorschreiben, dass die die Finger davon lassen sollen? Besonders glaubwürdig ist ein solches Verbot nicht – und es ist kein Wunder, dass die Mehrheit der 14-Jährigen sich schon einmal betrunken hat. Interessanterweise sehen sie selbst es so, dass der Rausch eigentlich etwas Negatives ist. Doch der Reiz, es dennoch auszuprobieren, ist eindeutig stärker.

Neue Vorbilder gebraucht

Um den Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen einzudämmen, müsste daher eine ganz andere Einstellung zur Droge her. Zum Beispiel wie in Skandinavien. Da ist Alkohol stärker gebrandmarkt – als Mittel, um sich hemmungslos zu besaufen. Entsprechend bekommt man ihn nur in speziellen Alkoholgeschäften – und nur für Erwachsene. Die Folge: Der mit Genuss assoziierte Alkoholkonsum ist nicht so stark verbreitet, es gibt weniger negative Vorbilder für Jugendliche.

Zu viele Hoffnungen sollte man in solche Strategien allerdings auch nicht legen: Wenn es nicht der Alkohol ist, dann werden die Jugendlichen andere Mittel und Wege finden, um ihre Grenzen auszutesten.