„Wir sind nicht fertig“

Die Rollen von Innenminister und Kanzleramt im Visaskandal sind nicht aufgeklärt, findet Hellmut Königshaus (FDP)

„Als Richter hätte ich viele Zeugen in Ordnungshaft genommen – wegen Erinnerungslücken“

taz: Kaum jemanden interessiert der Visaskandal noch. Warum wollen Sie mit dem Ausschuss weitermachen?

Hellmut Königshaus: Uns ging es nie vorrangig um die öffentliche Aufmerksamkeit, sondern um Aufklärung der Zustände im Auswärtigen Amt bei der Visavergabe. Der Außenminister selbst hat schwere Versäumnisse zugegeben. Uns als Parlament muss interessieren: Wie sind die Fehler der Vergabe zehntausender illegaler Visa entstanden? Und wie kann man sie abstellen? Den Job können wir nun nicht mehr machen.

Weil Rot-Grün einen pünktlichen Abschlussbericht will.

Unser Auftrag lautet doch nicht, den Bundestag mit einem möglichst dickleibigen Bericht zu versorgen. Ziel ist es, die kritischen Visaerlasse und die laxe Visavergabe möglichst umfassend aufzuklären. Damit sind wir nicht fertig. Ich habe beantragt, die Arbeit zu straffen. Rot-Grün hat das abgelehnt.

Was haben Sie herausgefunden? Was blieb offen?

Das Fehlverhalten im Auswärtigen Amt war groß. Da ist die schlampige Aktenführung noch das Geringste. Die Erlasse, die zur zehntausendfachen Visaerschleichung führten, sind auf obskure Art zustande gekommen. Und sie waren rechtswidrig. Das ist alles unstrittig. Den großen offenen Fragen nachzugehen, verbietet uns Rot-Grün: Warum hat der Innenminister so plötzlich stillgehalten? Welche Rolle spielt das Kanzleramt?

Was haben Sie aus der Ausschussarbeit gelernt? Die Opposition hat ja nicht immer durch übermäßige Professionalität geglänzt.

Vieles war zu langatmig, das mag sein. Aber die erstaunlichen Erinnerungslücken der Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes haben uns die Arbeit nicht leicht gemacht. Ich bin eigentlich Richter. In einem normalen Verfahren hätte ich solche Zeugen in Ordnungshaft genommen.

Werden Sie nach der Wahl weitermachen?

Ich hoffe, dass die Fraktion das beschließen wird. INTERVIEW:

CHRISTIAN FÜLLER