Globales Konter-Theater der Sportjugend

Die NRW-Kampagne „Der Ball ist rund“ fokussiert die dunkle Seite des Fußball-Geschäfts. Mit dem gleichnamigen Stück geht das Düsseldorfer Kinder- und Jugendtheater auf Tour und gegen Sportartikelfirmen in die Offensive

Mitte Juni beginnt in Köln der Confederations Cup, das Stelldichein der weltbesten Fußball-Nationalmannschaften, die Generalprobe für die WM 2006. In NRW begleitet eine Kampagne das Tamtam um die Kicker aus aller Welt. „Der Ball ist rund“ von Thomas Ahrens könnte die ungetrübte Vorfreude schon ein bisschen verleiden. Das Kinder- und Jugendtheater in Düsseldorf feierte mit dem Stück eine umjubelte Premiere – am Ende mit stürmischem Beifall für die kaputten Helden und eine fabelhafte Regie in dem Globalisierungs-Krimi, der die Machenschaften von Sportartikelherstellern ebenso geschickt wie aggressiv anprangert.

„Jugendliche sollen das Thema wahrnehmen, damit sie sich von den Marketing-Abteilungen der großen Firmen nicht das Hirn verkleistern lassen“, beschreibt Theaterleiter Stefan Fischer-Fels das Ziel. Stellvertretend für Firmen wie Adidas, Puma, Nike oder Reebok erfand der Autor den „Gigas“-Konzern. Im Stück verliebt sich die Schülerin Hira gerade Hals über Kopf in den jungen Fußball-Helden Nico, dann der erste Kuss. Plötzlich spaziert ihre Mutter Sulabha Baumann ins Zimmer, sieht das “Gigas“-Logo und brüllt wie ein gequältes Kamel: „Diese Schweine!“

Die Erinnerungen explodieren bei der gebürtigen Inderin: Gedanken an die Ausbeutung der Arbeiter in ihrer Heimat, an den Mord am Bruder, der sich wehren wollte gegen die unmenschlichen Bedingungen bei der Herstellung von Sportsachen und Fußbällen. Es gab kein sauberes Wasser zum Trinken, keine Pausen, unbezahlte Überstunden und alles für einen Hungerlohn. Dieser Ausbruch ist Anlass genug für Hira und ihre Freunde, genauer zu recherchieren. Letztlich kontern sie die blumigen Worte der „Gigas“-Ziege aus der Marketing-Abteilung mit den Ergebnissen ihrer Detektivarbeit und verweigern sich der „Public Private Partnership“.

Es war nicht sonderlich schwer, wohl wollende Partner für das Theaterstück zu finden. Eine breite Trägerschaft aus Kirche, Politik, Eine-Welt-Vereinen und Sport um die Initiative „Fair Play : Fair Life“ schickt das Düsseldorfer Ensemble für mindestens 20 Auftritte quer durch NRW, begleitet von einem pädagogisch aufbereiteten Programm für Schulen. “Fair Play : Fair Life“ propagiert dabei vor allem fair gehandelte Fußbälle.

Fußball-Hasser gibt es im Ensemble nicht. Stefan Fischer-Fels, der den Sportlehrer spielt, könnte mit seinem Trainerschein auch eine Regionalligamannschaft trainieren. Den Spaß „an dem großartigen Sport“ und an der WM 2006 will auch Regisseur Rene Schubert niemanden verderben. Er selbst ist übrigens auf Puma-Schuhen unterwegs. „Es ist halt schwer, das bei Klamotten konsequent durchzuziehen“, bekennt er. Wenn der Schuh, den er trage, nur einen Euro teurer wäre, könnten die Leute, die ihn herstellen, sogar davon leben. Das machten die Firmen aber nicht, weil es ihnen schnuppe sei.

Während der Proben hat das Ensemble den fair gehandelten Kaffee eingeführt. Irgendwo müsse man ja anfangen, so Schubert. Schließlich sei „Der Ball ist rund“ ja auch der Anfang einer Bewusstseins-Bildung, bevor im Sommer 2006 „die Welt bei Freunden“ zu Gast sein werde.

DIRK TIETENBERG

18:00 Uhr, Schauspielhaus Düsseldorf Infos: 0211-369911