Protest in Lesum

2.000 Lesumer fordern den Erhalt der Stadtteilbücherei: „Dafür gebe ich sogar mein Kinderzimmer her“

bremen taz ■ Über 2.000 GrundschülerInnen, Lesefüchse, Eltern und LehrerInnen demonstrierten gestern in Lesum mit einer kilometerlangen Menschenkette für den Erhalt der dortigen Stadtteilbibliothek. Wie in anderen Stadtteilen auch rollt die Protestwelle gegen befürchtete Schließungen.

Plakate und Gesänge animierten Passanten zum Verweilen und Mitsingen. Zu hunderten skandierte eine Gruppe Grundschüler „Wir wollen lesen“. Vorbeifahrende Autofahrer hupten und reckten den Daumen hoch.

Ob die Bibliothek nun aber tatsächlich in den nächsten Wochen geschlossen werden soll, wie Betroffene einem Senatsbeschluss entnehmen, steht vor Ort noch in den Sternen. „Wir erfahren ja alles nur noch aus der Zeitung“, klagt Dorothea Dröge, die stellvertretende Bibliotheksleiterin.

Eine Alternative zur Lesumer Bibliothek mit ihrem engagierten Team und ihrem anspruchsvollen Programm gerade für Klein- und Grundschulkinder sieht die Elternvertreterin Brinkmann von der Schule Helsinkistraße nicht. „Für Grundschulkinder ist die Stadtteilbibliothek Vegesack überhaupt nicht zu erreichen“, sagt sie.

Der zwölfjährige Muhamir ist gestern mit Freunden zur Demo gekommen. „Als ich gehört habe, dass die Bücherei geschlossen werden soll, war ich sehr traurig. Wir gehen immer zum Lernen dahin. Wenn die Bücherei geschlossen wird, wissen wir überhaupt nicht, wo wir hingehen sollen!“

Noch deutlicher wird Susanne Schrode, Elternsprecherin an der Schule Burgdamm. Sie sieht im Stadtteil Lesum ohnehin kaum mehr Freizeitmöglichkeiten für Kinder. „Nachdem sie uns hier schon das Heidbergbad genommen haben, haben wir jetzt alle Beine aktiviert, ganz gleich ob kurz oder lang, um eine Menschenkette zu bilden.“ Die Finanzplanung des Senats hält sie für „katastrophal“.

Der achtjährige Ole würde dem Bürgermeister am liebsten selbst sagen, warum die Bücherei in Lesum geöffnet bleiben muss: „Das ist meine absolute Lieblingsbücherei, dafür würde ich sogar mein Kinderzimmer hergeben“. Bisher leiht Ole sich alle zwei Wochen ein neues Buch aus der Bücherei aus.

Tobias Baron