Kulturprotest gegen Weser Kurier

Eine suggestive Umfrage gegen Kulturhauptstadt-Projekte bringt die Szene auf die Palme – kein Leserbrief-Wort davon stand bisher im Weser Kurier

bremen taz ■ Die Leser-Umfrage des Weser Kurier zur Ausgabe von sieben Millionen Euro für ein Kulturhauptstadt-Folgeprojekt hat einen Sturm der Entrüstung unter Kulturinitiativen hervorgerufen. „Soll Bremen in der jetzigen Finanzlage tatsächlich rund sieben Millionen Euro in die Stadtwerkstatt stecken?“ war die einigermaßen suggestiv formulierte Frage, auf die LeserInnen per Post oder Mail antworten sollten. Carsten Werner von der Schwankhalle empfiehlt voller Sarkasmus, zusätzliche Fragen zu stellen von der Art:– „Braucht ein Zeitungsmonopol Redakteure, um Dreiwort-Hauptsatzwahrheiten zu bilden und in Frageform zu verpacken? – Ist das durchschnittliche Bremer WK-Leser-Pisaopfer in der Lage, JA / NEIN anzukreuzen?“

„Statt Sachkompetenz ist Bauchkompetenz gefragt“, formuliert Lutz Liffers vom „Bremer Weltspiel“ seinen Protest. Es werde eine Umfrage gemacht ohne hinreichend zu informieren. Der Redakteur „erweist sich als wahrer Brandstifter. Mit sicherem Instinkt appelliert er an den Instinkt der Massen. Und hier findet er das, was in Krisenzeiten immer gerne genommen wird: Der Hass auf eine Kultur, die nicht gefällig sein will und noch mehr, den Hass auf Intellektuelle, die Kultur schaffen ... “

Hans König vom theatre du pain schreibt dem Weser Kurier: „Ihre Fragestellung macht klar, dass Sie die Diskreditierung der Stadtwerkstatt-Idee betreiben.“

Peter Schulze, artistic director des JazzFest Berlin und bekannter Bremer Musik-Journalist, wirft dem WK vor: „Vorurteil scheint die einzige Kultur zu sein, die Sie offensichtlich damit pflegen wollen. Ogottogott, was ist das für eine Sorte verkommensten Journalismus‘!“ Das „gesunde Volksempfinden unseliger Zeiten“ feiere Urständ.

Auf einer halben Seite Leserbriefe im Weser Kurier stand gestern von den Reaktionen auf die Umfrage – kein Wort. kawe