„40 Millionen Euro für Pilotprojekte“

Für Bundesumweltminister Jürgen Trittin ist Erdgas die derzeit einzige Alternative zu herkömmlichen Kraftstoffen

taz: Herr Trittin, welche ökologischen Vorteile haben Erdgasfahrzeuge gegenüber Benzin- und Dieselmotoren?

Jürgen Trittin: Der Erdgasantrieb ist gerade in letzter Zeit besonders in den Fokus gerückt, weil er im Unterschied zum Diesel kein Problem mit gesundheitsgefährdenden Feinstäuben kennt. Wer auch künftig problemlos in Innenstädte kommen und zugleich die Umwelt schonen will, ist mit Erdgas auf der richtigen Spur. Aber das ist nicht das einzige Plus. Auch bei Stickoxiden und anderen Luftschadstoffen haben Erdgasfahrzeuge die Nase vorn und erfüllen bereits jetzt die Abgasgrenzwerte von morgen und übermorgen. Außerdem hat der kohlenstoffärmste fossile Kraftstoff erhebliche Klimavorteile: ein Viertel weniger Kohlendioxidemissionen im Vergleich zum Benziner, immerhin noch knapp 10 Prozent beim Diesel. Problemlos lässt sich auch Biogas tanken und fahren, das klimaneutral ist. Erdgas ist damit die derzeit einzige ernst zu nehmende wirtschaftliche Alternative zu herkömmlichen Kraftstoffen.

Inwiefern werden Kauf und Unterhalt von Erdgasfahrzeugen vom Staat unterstützt, etwa durch Steuernachlässe oder Förderprogramme?

In erster Linie über eine erhebliche Mineralölsteuerbegünstigung für den Kraftstoff Erdgas, die wir im Rahmen der ökologischen Steuerreform bis zum Jahr 2020 festgeschrieben haben. Damit wird sowohl der Gaswirtschaft für den Aufbau der Tankstelleninfrastruktur als auch der übrigen Wirtschaft sowie den Verbrauchern eine langfristige Investitionssicherheit gewährt. Denn davon profitieren alle – vom Primat-Pkw bis zum schweren Nutzfahrzeug. Darüber hinaus hat das Bundesumweltministerium eine Reihe von Beispielprojekten zur breiten Markteinführung des Erdgasantriebs gefördert, darunter die Komplettumstellung des ÖPNV mit Bussen in Frankfurt (Oder) auf Erdgas und „Tausend Umwelttaxis für Berlin – TUT“. Auch eine Imagekampagne von Gaswirtschaft, Autoherstellern und Mineralölindustrie wird unterstützt.

Was bedeutet das in Zahlen, wie viel lässt sich der Staat das kosten?

Die Marktentwicklung bis zum Jahr 2020 lässt sich natürlich kaum voraussehen. Eine Gesamtsumme zu nennen wäre daher reine Zahlenspielerei. Fest steht jedoch, dass das Bundesumweltministerium seit dem Ende der 90er-Jahre über 40 Millionen Euro für Pilotprojekte bereitgestellt hat, um den umweltfreundlichen Erdgasantrieb zu unterstützen.

Welche umwelt- und verkehrspolitische Perspektive verfolgt die Bundesregierung über den breiteren Einsatz von Erdgasfahrzeugen hinaus?

Umweltfreundliche Mobilität für jedermann zu sichern ist das Ziel, dem die Bundesregierung ein großes Stück näher gekommen ist. Perspektivisch kommt es vor allem darauf an, Wirtschafts- und Verkehrswachstum zu entkoppeln, um die umweltpolitischen Erfolge etwa im Fahrzeugbereich nicht wieder zunichte zu machen. Zugleich gilt es, umweltfreundliche Verkehrsträger wie die Schiene oder aber den ÖPNV attraktiv und wettbewerbsfähig zu machen, was auch bedeutet, anspruchsvolle Umweltstandards in der Breite einzuführen. Nicht zuletzt wollen wir die Entwicklung alternativer Antriebe und Kraftstoffe weiter voranbringen. Erdgas als technologische Brücke zu Wasserstoff und Brennstoffzelle leistet hier bereits Schrittmacherdienste für kommende Generationen.

INTERVIEW: LARS KLAASSEN