Moralinsaures Regime im Trümmerfeld Gazastreifen

KLEIDERZWANG Statt Jeans oder Röcken müssen Mädchen in Gaza Umhänge und Kopftücher tragen

GAZA dpa/taz | Im Gazastreifen sind zu Beginn des neuen Schuljahres die Kleidervorschriften für Schülerinnen der Oberstufe verschärft worden. Danach dürfen junge Frauen weder Jeans noch Jeansröcke tragen, sondern nur noch langärmlige lange Umhänge (Dschilbab), weiße Kopftücher sowie schwarze oder weiße Schuhe. Schülerinnen, die sich nicht an die neuen Vorschriften hielten, durften Schulgebäude nicht betreten. Das Erziehungsministerium hat laut der israelischen Zeitung Ha’aretz zudem verfügt, dass Lehrer nicht mehr in Mädchenschulen und Lehrerinnen nicht mehr an Jungenschulen unterrichten dürfen. Nach Angaben der Zeitung Al-Quds Al-Arabi hat die Hamas-Regierung in Gaza jüngst eine ganze Reihe von Anordnungen erlassen, um die muslimische Religion und Moral zu schützen.

Im Gazastreifen hat das neue Schuljahr am Sonntag begonnen. Rund 250.000 Schüler gehen in Schulen, die von der Hamas kontrolliert werden. Weitere 200.000 Schüler – vor allem in den Flüchtlingslagern – besuchen Einrichtungen der Vereinten Nationen. Am Eingang zu einer von der Hamas kontrollierten Mädchenschule war ein Hinweisschild angebracht: „Alle Mädchen sollten einen dunkelblauen Umhang tragen, ihren Kopf mit einem weißen Kopftuch verhüllen und schwarze oder weiße Schuhe anziehen. Wir rufen alle Schüler auf, sich an diese Vorschriften zu halten.“

Die neue Kleiderordnung führte bereits zu Protesten und Tränen. „Wir können nicht akzeptieren, nichts außer dem Dschilbab zu tragen, weil das unsere Kindheit kaputtmacht und wir aussehen wie alte Frauen“, sagte die 16 Jahre alte Salwa. Die gleichaltrige Amal kündigte an, dass sie gemeinsam mit Klassenkameradinnen auf eine Privatschule wechseln wolle, um der neuen Kleiderordnung zu entgehen.

Die Hamas hatte bereits im Vormonat angeordnet, dass Anwältinnen ebenfalls lange Umhänge und Kopftücher vor Gericht tragen müssen. Einwohner des Gazastreifens hatten in jüngster Zeit wiederholt berichtet, dass Frauen von Religionswächtern auf offener Straße zum Tragen eines Kopftuches angehalten worden seien.