zahl der woche
: Hauptsache, die Dividende stimmt

20,3 Milliarden

Herbert Hansen ist ein feiner älterer Herr mit gepflegtem Schnauzer. Und er kann gut zusammenzählen. Für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) jedenfalls rechnete er aus, dass die Aktiengesellschaften in Deutschland im vergangenen Geschäftsjahr 20,3 Milliarden Euro in Form von Dividendenzahlungen an ihre Aktionäre ausschütteten.

Und weil Hansen schon seit Jahren penibel aufschreibt, was die börsennotierten Unternehmen von den erwirtschafteten Gewinnen an ihre Anteilseigner „auskehren“, kann er auch Vergleiche anstellen. Für die Aktionäre, sagte er gestern in Frankfurt am Main, sei 2004 eines der besseren Jahre gewesen; besser zumindest als 2003. Da nämlich hätten die Kassenwarte der Aktiengesellschaften noch 36 Prozent weniger an Dividenden auf die Konten der Wertpapierbesitzer überwiesen.

Einen besonders guten Schnitt machten die Besitzer von Aktien der im DAX-30 gelisteten großen Kapitalgesellschaften. Sie allein erhielten15,1 Milliarden von den insgesamt 20,3 Milliarden Euro; gut drei Viertel also. Spitzenreiter mit 2,6 Milliarden Euro an Ausschüttungen war die Deutsche Telekom. Noch im Vorjahr gab es für die T-Aktie schlicht nichts. Auf den Plätzen folgen Eon mit 1,6 Milliarden und DaimlerChrysler mit 1,5 Milliarden Euro. Grund zur Freude hatten auch die Aktionäre der Commerzbank und der Lufthansa AG, die „auch wieder in die Phalanx der Dividendenzahler zurückgekehrt sind“, so Hansen.

Schelte gab es dagegen für die DAX-30-Unternehmen Infineon und HypoVereinsbank. Sie seien die Einzigen im Spitzensegment der Börse, die – wie schon für 2003 – auch für 2004 keine Dividende ausschütteten. Ganz arm dran waren auch die Aktionäre von Karstadt (MDAX). Nichts gab es für 2004; noch im Vorjahr dagegen 82 Millionen Euro. Ob Karstadt die nicht besser in die Restrukturierung des Unternehmens gesteckt hätte?

Gewinne investieren sei manchmal tatsächlich angebrachter als die Inszenierung großer Auskehraktionen, sagte dazu Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer des DSW. Und auf jeden Fall besser als Geld zu bunkern. Denn: Gesellschaften mit hohem Cashbestand, zudem viel Streubesitz, aber geringer Präsenz der Anteilseigner auf Hauptversammlungen, seien besonders übernahmegefährdet. Schätzungen zufolge seien Fondsgesellschaften in der Lage, Übernahmen in einer Größenordnung von bis zu 30 Milliarden Euro zu stemmen.

Das Fazit des DSW: Die Aktionäre bei Laune halten und fleißig Dividenden ausschütten. Und ein bisschen mehr, so Hocker, dürfe es ruhig sein. Das würde sicher auch Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) freuen. Der, so wurde diese Woche bekannt, will Dividenden noch vor den Neuwahlen stärker besteuern – um die Steuerreform zu finanzieren.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT