„Mit uns wird nicht gelauscht“

Die Anti-Terror-Pakete erweitern oder kürzen? FDP-Mann Max Stadler zu Differenzen zwischen Schwarz und Gelb

taz: Herr Stadler, die Widersprüche zwischen den sicherheitspolitischen Konzepten von Union und Liberalen sind eklatant. Die FDP will sich als Bürgerrechtspartei profilieren, die Union verlangt neue Einschnitte. Wie soll das in einer schwarz-gelben Koalition klappen?

Max Stadler: Es ist kein Geheimnis, dass sich die Programme von Union und FDP in Fragen der Bürgerrechte deutlich unterscheiden. Aber bereits in der Regierung Kohl hat sich ja gezeigt, dass eine schwarz-gelbe Koalition zu vernünftigen Kompromissen in der Lage ist.

Ihre Parteifreundin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger muss das anders in Erinnerung haben – sie warf ihren Job als Justizministerin im Streit um den großen Lauschangriff hin, aus Sorge um die Bürgerrechte.

Damals gab es auch in der FDP einen großen Konflikt um dieses Thema. Das ist heute anders. Der jüngste FDP-Parteitag hat einen klaren Beschluss gefasst: Der große Lauschangriff soll nicht mehr eingesetzt werden. Das wird unsere Leitlinie sein.

Die Union versichert aber: Sie bleibt beim Lauschangriff. Was soll der Wähler glauben?

Wir müssen erst mal abwarten, was im Vermittlungsausschuss noch aus dem rot-grünen Gesetzentwurf wird. In einer schwarz-gelben Koalition wird die FDP auf jeden Fall die Rolle als Hüterin der Bürgerrechte einnehmen. Wer neue Gesetze fordert oder bestehende verändern will, braucht dafür einen gemeinsamen Beschluss der Koalition. Das bedeutet auch, dass manche Vorstellung von Herrn Beckstein mit der FDP nicht realisierbar ist.

Die Union verkündet, sie werde Schilys Sicherheitspakete ausbauen, die FDP hat das Gegenteil beschlossen. Wo lassen Sie mit sich verhandeln?

Reden kann man über Schilys Forderung, dass Geheimdienste künftig eine Liste der Konten von Terrorverdächtigen erhalten sollen. Dann muss das Thema Bankgeheimnis aber auch insgesamt auf den Prüfstand. Die FDP fordert, die rot-grünen Einschnitte – die faktisch eine Abschaffung des Bankgeheimnisses bedeuten – rückgängig zu machen.

Aber wollen CDU und CSU das auch?

Die Union hat dazu leider noch keine klare Position.

Klar ist: Die Union will den genetischen Fingerabdruck möglichst umfassend für die Fahndung nutzen, die FDP fordert das Gegenteil. Wo sehen Sie da den gemeinsamen Nenner?

Das Bundesverfassungsgericht hat einige Leitlinien für den Einsatz der DNA-Analyse zur Aufklärung schwerer Straftaten gesetzt. Diesen Spielraum wollen wir ausschöpfen, aber nicht überschreiten. Ansonsten ist aber jetzt nicht der Zeitpunkt, die Kompromisssuche einer möglichen neuen Regierung vorwegzunehmen.

Eine Mehrheit der Union fordert nun auch, den BND-Umzug nach Berlin zu stoppen. Haben Sie wenigstens hier ein gemeinsames Ziel?

Nicht unbedingt. Natürlich muss man im Auge behalten, ob die Kosten für das Projekt ausufern. Grundsätzlich hat die FDP-Fraktion die Umzugspläne aber immer unterstützt.

In einer schwarz-gelben Koalition blüht Ihnen das gleiche Problem wie den Grünen im Machtkampf mit Schily. Wie wollen Sie verhindern, ständig hehre Prinzipien über Bord werfen zu müssen?

Wir haben die Fehler der Grünen beobachtet. Außerdem können wir Dank unserer langen Tradition als Bürgerrechtspartei genügend Substanz in die Zusammenarbeit mit CDU und CSU einbringen. Ich glaube deshalb: Wir werden unser Versprechen auch halten. INTERVIEW: ASTRID GEISLER