Ein Eiertanz mit Ausrutscher

Wie der Spagat zwischen Sparvorgaben bei gleichzeitigem Qualitätserhalt nicht funktioniert, zeigt jetzt das Sozialressort im Kita-Bereich: Punkt für Punkt führt es die Ideen der Unternehmensberater Putz und Partner ad absurdum

Die Personaleinsparungsquote betrifft jetzt auch Kindergärten. Bald könnten bestimmte Kita-Leistungen extra kosten

Bremen taz ■ Einen Eiertanz muss das Sozialressort hinlegen, um zu erfüllen, was der Koalitionsausschuss ihm in Sachen Kindertagesheime aufgab: Zum einen die Qualitätsstandards zu erhalten, zum anderen aber zu sparen. Wie das funktioniert oder eher: wie es nicht funktioniert, zeigt eine Vorlage für die Sozialdeputation und den Jugendhilfeausschuss.

4,8 Millionen Euro fehlen dem KTH-Bereich für das kommende Jahr, 5,5 Millionen für das Jahr 2007. Grund für das Loch: Auch der Kindergartenbereich ist jetzt vom Personaleinsparungsplan (PEP-Quote) betroffen. Bisher war er wie die Polizei davon ausgenommen, der Koalitionsausschuss hat dem nun ein Ende gemacht. Hinzu kommt, dass der Senat zwar Weihnachts- und Urlaubsgeld sparen will, für die bereits Beschäftigten aber die alten Bedingungen gelten – die nun im Haushalt als Mehrbedarf stehen.

Um hier Sparwillen zu manifestieren, hat das Ressort – auch das eine Vorgabe des Senats – eine Reihe von Vorschlägen der Unternehmensberater Putz und Partner abgearbeitet, die dafür ihrerseits ein altes Gutachten der Unternehmensberatung Wibera aufkochten.

Da ist zum einen die Standortplanung. Weil die Kinder weniger werden, sind auch weniger Kindergärten nötig, so der Kern des Arguments. Den Kinder- und somit Bedarfsrückgang habe man aber schon längst in die Planungen eingerechnet, so das Ressort: „Nach derzeitigem Sachstand ist eine Quantifizierung der zu erwartenden Effekte… ausgeschlossen.“

Der Kostendeckungsgrad könnte erhöht werden, so eine weitere Idee von Putz und Partner. Er beschreibt den Anteil der Einnahmen an den Ausgaben. Bundesweit läge er bei 23 Prozent, behaupteten die Berater. Bremen möge doch bitte auf 15 Prozent kommen. Das Ressort hält dagegen: Für die Berater-Annahmen bestünde „keine hinreichende Grundlage“, tatsächlich werden im Bundesschnitt 12 Prozent der Kosten für den KTH-Bereich durch Einnahmen gedeckt. Bremen liegt bei 14,3 Prozent.

77 Millionen Euro gibt Bremen für seine Kitas aus, elf Millionen werden über Elternbeiträge eingenommen. Um die Kostendeckung um ein Prozent zu erhöhen, müssten 800.000 Euro mehr Beiträge gezahlt werden. Das träfe vor allem die Besserverdienenden, denn 60 Prozent der Eltern zahlen nur den Mindestbeitrag, und vom Prinzip einkommensabhängiger Beiträge will niemand abrücken.

In der Vorlage wird eine weitere Möglichkeit erwogen, die es in sich hat: die „Verpreisung von Beitragsmodulen“. Das heißt, Eltern müssten für ihre Kinder bestimmte Einheiten von Betreuung oder Lernen dazukaufen – oder es eben lassen. „Damit könnte man steuern“, so der für die KTHs zuständige Personalrat Rainer Müller. „Wir befürchten sehr, dass man so noch viel stärker Eltern zu kürzeren Betreuungszeiten bewegen will.“ Und ein solches Modell würde vor allem von denen genutzt werden, „die einen höheren Bildungsstandard haben“, so Müller.

Weitere Sparinstrumente aus dem Hause Putz und Partner: Sparen bei den integrativen Hilfen für Kinder mit Behinderungen, was bereits passiert. Oder das Ausgliedern der Reinigung, was die SPD längst abgelehnt hat. Dafür müssen die städtischen Putzfrauen jetzt mehr putzen.

Auch beim Mittagessen könne man sparen, eine Million Euro, fanden die Putz-und-Partner-Leute. Das Wibera-Papier hatte 1999 festgehalten, dass in Bremer Kitas ein Mittagessen 3,79 Euro kostet. Machbar seien 3,32. Das haben Putz und Partner schlicht übernommen. Fakt ist heute, kontert das Ressort: Ein Kita-Essen kostet bereits nur 3,33 Euro.

Beim Personal werden zwar knapp sechs Stellen wegfallen „infolge demographischer Entwicklung“, eine Einschränkung des Regelangebots aber „kommt wegen der Vorgabe zur Beibehaltung gegenwärtiger Standards grundsätzlich nicht in Betracht“, heißt es in der Vorlage weiter.

Unterm Strich bleibt ein Einsparvolumen von 650.000 Euro – ein Bruchteil dessen, was Vorgabe war.

Als einen „Schuss in den Ofen“ interpretiert Personalrat Müller die Vorlage. Das Ressort mache so deutlich, dass es die Vorgaben nicht erfüllen kann. Der sozialpolitische Sprecher der SPD, Frank Pietrzok, verweist auf die Vorgabe des Qualitätserhaltes und sieht einiges durchaus kritisch. So müssten bei der Standortplanung auch die Einrichtungen der Bremischen Evangelischen Kirche einbezogen werden. Auch das Instrument des Kostendeckungsgrades hält Pietrzok für fragwürdig, weil es so relativ und uneinheitlich sei. Das hatte auch das Ressort angemerkt. Der Grüne Jugendpolitiker Jens Crueger findet die Vorschläge untauglich: „Ich habe die Sorge, dass das der Einstieg in eine erneute Spardiskussion ist, die mit Qualität nichts mehr zu tun hat.“ sgi