ORTSTERMIN: PROBEFAHRT BEI DER HAMBURGER HOCHBAHN
: Voll rum um den Pudding

„Na los, spring rein!“, winkt mich Fahrlehrer Jörg Hofmann an den 13 Meter langen Linienbus heran. Er trägt ein weißes Polohemd mit Hochbahn-Logo auf dem Ärmel und ähnelt im Profil Til Schweiger. Die gewöhnliche Busfahrt wird wieder zum Erlebnis, sitzt man auf dem ersten Platz – dem des Busfahrers: Dass „der Arbeitsplatz eines Linienbusfahrers eine echte Herausforderung“ ist, will der Verkehrsbetrieb der Presse zeigen. Und hat dafür auf den Rangierplatz seiner Busfahrschule nach Hamburg-Langenfelde gebeten.

Fahrlehrer Hofmann sitzt auf einem eigenen Stuhl im Gang des Busses und weist auf den Fahrerplatz. Beim Hinsetzen tariert der Sitz mein Gewicht elegant federnd aus. „Erst mal den Stuhl richtig einstellen“, sagt Hofmann. An dem Sitz scheinen mehr Knöpfe zu sein als an meinem Handy. Beim Durchdrücken der Tastenreihe blasen sich in der Rückenlehne diverse Polster auf. Kaum ist der Kommandantensessel justiert, erklärt Hofmann mir die Armaturen, besser gesagt: das Cockpit. Hinter dem Lenkrad verbirgt sich eine Miniaturlandschaft aus Bildschirmen, Knöpfen und Hebelchen. Allein drei verschiedene Knöpfe für die zwei Flügeltüren, zwei zum normalen Öffnen und Schließen, den dritten für abends, sozusagen der „21-Uhr-Knopf“. Er sorgt dafür, dass zusteigende Passagiere zur Fahrkartenkontrolle am Busfahrer vorbeimüssen.

In diesem „Linienbus der modernsten Generation“, wie Hofmann und sein Arbeitgeber schwärmen, ist sogar der Schaltknüppel durch drei Knöpfe ersetzt. Im Fußraum gibt es nur zwei Pedale, „der linke Fuß hat Pause“, sagt der Fahrlehrer: Dahinter stecke eine Fünfgang-Automatik.

Ich drehe den Zündschlüssel um und eine Hauslänge hinter mir brummen 250 PS. Ich nehme den Fuß von der Bremse, der Bus fährt sofort an. Das sei die Automatik, beruhigt Hofmann. Ich gebe Gas, und das Ungetüm steuert sich erstaunlich leicht. Elegant lassen sich die 13 Meter Fahrzeug über den Platz bugsieren. Blickt man nicht in den Rückspiegel, könnte man denken, man steuere einen gewöhnlichen Pkw. „So“, sagt Hofmann, „und jetzt zieh mal voll rum um den Pudding.“ Ein Navigationsgerät würde wohl sagen: „Bitte wenden!“ Also schlage ich das Lenkrad voll ein und die Welt beginnt an der Frontscheibe vorbeizuziehen. So ein Linienbus dreht sich fast auf der Hinterachse. „Beeindruckender Wendekreis, nicht war?“, fragt Hofmann, ich nicke und lasse das Lenkrad durch die Hand gleiten. Als wir nach ein paar weiteren Kurven, erfolgreichem Einparken sowie einer kontrollierten Vollbremsung wieder ankommen, öffne ich fast schon routiniert die Türen und steige aus. Ich bekommen eine Urkunde überreicht, „Busfahrer auf Lebenszeit“ steht darauf. Das klingt nach Urteilsspruch.

Ein paar Runden auf dem Parkplatz lang mag es ja ganz nett sein, aber im Alltag ist es wohl in der Tat eine „echte Herausforderung“, einen 25 Meter langen Bus – und solche haben sie in Hamburg auch – sicher durch den Verkehr zu fahren. Auf der Heimfahrt sitze ich höchst erfreut wieder hinten. JV