Vorsicht: Hier baut das Bundesbauministerium

Obwohl gerade erst eingezogen, müssen die Mitarbeiter den Berliner Neubau schon wieder verlassen: Er muss von Grund auf saniert werden

BERLIN taz ■ Wenn ein fast neues Gebäude saniert werden muss, ist das ärgerlich. Besonders, wenn der Bau vom Bauministerium höchstselbst verantwortet wird: Das Dienstgebäude des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen gilt in Fachkreisen zwar als gelungen. Tatsächlich aber ist es „Pfusch am Bau“. Das Ministerium bestätigt gegenüber der taz „erhebliche bauliche Mängel“ an dem erst 1999 bezogenen Neubau in der Berliner Invalidenstraße. Diese beträfen unter anderem Fassade, Brandschutz und die gebäudetechnischen Anlagen, also Kernbereiche eines Funktionsgebäudes.

Im Einzelnen: Wegen „konstruktiver Mängel“ soll die komplette Fassade erneuert werden. Die Verkleidung besteht aus 3.200 Quadratmetern Granit. Ferner ist in der Ausschreibung von „Maurerarbeiten, Dachdeckungsarbeiten, Klempnerarbeiten, Trockenbauarbeiten, Putz- und Stuckarbeiten, Metallbauarbeiten, Estricharbeiten …“ die Rede. Die Sanierung, so schätzt das Ministerium offiziell, werden 18,5 Millionen Euro kosten. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Joachim Günther glaubt, dass es doppelt so viel wird.

Weil freiwillig niemand an den Mängeln schuld ist, wird der schwarze Peter derzeit heftig weitergereicht – auch vor Gericht. „Nach Auffassung der Bauverwaltung sind für die Baumängel der beauftragte Generalplaner und der ausführende Generalunternehmer verantwortlich“, sagt das Ministerium. „Mängel der Fassade sind auf die Planung zurückzuführen. … Gebaut wurde das Gebäude wie vom Planer vorgegeben“, sagt Generalunternehmer Züblin. „Die Fassade ist völlig in Ordnung. Wir haben keine Planungsfehler gemacht“, erklärt Generalplaner Max Dudler.

Bleibt die Frage, weshalb die Baufachleute des Bauministeriums bei der Bauabnahme nichts gemerkt haben. Denn eigentlich sollte gerade das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) Spezialist in Sachen Bau sein. Es vertritt das Ministerium in praktischen Angelegenheiten. „Die Aufsicht über die Leistungserbringung des Generalunternehmers oblag im Rahmen der vertraglich vereinbarten Objektüberwachung dem Generalplaner“, so das Ministerium.

Die Firma Züblin jedoch stellt es anders dar: „Die Abnahme erfolgte durch das BBR. Bereits Anfang 1998, kurz nach Baubeginn, haben wir Bedenken gegen die vorgesehene Konstruktion [der Fassade; taz] gegenüber dem BBR angemeldet.“ Gebaut wurde sie trotzdem. Auch beim Brandschutz bestreitet das Unternehmen eine Mitverantwortung. „Bereits Anfang 1998 hat das Bundesamt für Bau und Raumordnung auf unsere Anfrage hin erklärt, dass auf ein Brandschutzgutachten verzichtet werde. Bei Projekten dieser Größenordnung wird üblicherweise ein Brandschutzgutachten erstellt. Das BBR ist die zuständige Genehmigungsbehörde.“ Für Züblin geht es um viel: Die strittigen Millionen sind ein Mehrfaches des Jahresgewinns. 2003 lag der bei 5 Millionen Euro.

Ob das Gericht den Schadenersatzforderungen des Ministeriums Geltung verschafft, ist noch völlig offen. Bis dahin legt der Steuerzahler die Millionen aus. Und die rund 350 Mitarbeiter des Ministeriums, die im betroffenen Gebäude ihre Diensträume haben, können ihre Koffer packen. Während der Sanierung muss das Gebäude komplett geräumt werden. Der Großteil von ihnen zieht um, in den zweiten Neubau des Ministeriums: Der soll demnächst fertig gestellt und übergeben werden. „Mängelfrei“, wie aus dem Ministerium verlautet.

KERSTIN SCHWEIZER