wortwechsel
: Die große Traktor-Revolte: Es geht um mehr als Diesel

Auf den Feldern und in den Ställen wächst die Wut – sind Kleinbauern die Verlierer in Zeiten von Globalisierung und Klimawandel? Sie sind keine Schufte – sie schuften auch für uns

Berlin, 8.1.24: Auftakt der bundesweiten Protestwoche gegen die Aufhebung der Steuervergünstigungen für Landwirtschaftsfahrzeuge und Agrardiesel   Foto: Foto:  Rolf Zöllner/imago

„Landwirte gegen Robert Habeck: Weg mit der Mistgabel. Was hätte der Bauern-Mob in Schleswig-Holstein mit Habeck gemacht, wenn sie ihn in die Finger bekommen hätten? Die Landwirte müssen sich mäßigen“, taz vom 5. 1. 24

Umweltverantwortung?

Wer nimmt die Landwirtinnen in die Pflicht, das längst Überfällige zu tun: Schluss mit der Massentierhaltung und dem damit verbundenen Methan-Ausstoß, Schluss mit der Belastung von Böden durch Gülle, Schluss mit der Nutzung großer landwirtschaftlicher Flächen für Futtermittelproduktion, Schluss mit der monokulturellen Nutzung landwirtschaftlicher Flächen?

Statt dass ein Bauernverband die Regierung weiter vor sich hertreibt und zum Einknicken zwingt, muss die Regierung ihre Beschlüsse endlich argumentativ kommunizieren.

Ja, klimapolitische Maßnahmen müssen nach jahrzehntelanger verweigerter Kenntnisnahme und Verzögerung jetzt schnell getroffen und durchgesetzt werden, doch so, dass den in der Landwirtschaft Tätigen ein Vorlauf zur Umsetzung gewährt wird, dass die Gesellschaft in die Diskussion über den Umbau einbezogen wird und schließlich: ohne dass Obst, Gemüse und Brot für Schlechtverdiener und Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r*in­nen unerschwinglich teuer werden.

Es steht inzwischen viel auf dem Spiel: Mit dem Klima und den globalen Lebensgrundlagen auch die Demokratie. Gisela-Ingrid und Johannes Weissinger, Dortmund

Eine durchschnittliche Errechnung der Belastung der Landwirte ist völlig daneben. Man kann nicht einen reinen Ackerbaubetrieb, der viel Fläche braucht, um überleben zu können, mit einem Sonderkulturhof mit beispielsweise Spargel und Erdbeeren vergleichen. Durch das Diktat der Supermärkte, sprich Handelsketten, ist es schon vor Jahren zum Höfesterben gekommen. Landwirtschaft vor Ort, statt Lebensmittel Import, das muss die Devise sein. Gabi Hege-Schweikart, Landau

Die heute mitregierenden Grünen waren nun wirklich keine Waisenkinder, wenn man an die Blockaden und gewalttätigen Demos gegen die AKWs denkt. Brokdorf war ein Höhepunkt, dann die regelmäßigen Eskalationen im Wendland. Das ist schon heuchlerisch, was da von den Grünen heute kommt. Die Bauernproteste nähern sich den Formen, wie sie schon lange in anderen Nachbarländern ablaufen. Name ist der Redaktion bekannt

„Mähdrescher-Mob will Deutschland lahmlegen. Es gibt Verbindungen in rechtsextreme Kreise“, taz vom 8. 1. 24

Wie wird protestiert – und wie wird regiert?

Die Vorgehensweise der Landwirte war suboptimal, ihr Anliegen jedoch verständlich. Die Aktionen der Last Generation sind suboptimal, ihr Anliegen jedoch verständlich. Die eine Demo wird von der Polizei wohlwollend begleitet, die andere als Nötigung geahndet. Wessen Problem ist das? Das der Landwirtschaft, der Letzten Generation oder der Polizei?

Hartmut Krollmann, Düsseldorf

Natürlich ist das Benehmen einiger Bür­ge­r*in­nen äußerst fragwürdig, und da, wo es sogar Gesetze verletzt, da hätte es lange schon viel härter geahndet werden müssen. Ganz und gar nicht autoritär, nein, einfach total sachlich und angemessen. Punkt. Stattdessen selbst gemachtes Leid: Schon wieder postete Berlin schnell Gestricktes und wundert sich dann über mächtige Proteste, natürlich wie immer mit rechten Trittbrettfahrern. Wisst ihr was, ihr Regierenden, ich habe euch oft in Schutz genommen, weil ich es enorm finde, wie ihr euch engagiert. Aber jetzt habt ihr meine ganze Hoffnung auf eine ökologische Kehrtwende in der Landwirtschaft zunichte gemacht. Ich möchte gerne Bio-Bauern fördern, Investoren auf die Finger gucken und Möchtegern-Großbauern den Sinn einer umwelt- und klimaverträglichen Landwirtschaft mit daraus resultierender Mehrwert-Abschöpfung schmackhaft machen. Aber dilettantisch ist das nicht zu bewerkstelligen! Leute, wen um Himmels Willen habt ihr euch in Berlin als Staats­se­kre­tä­r*in­nen und Sachverständige in die Ministerien geholt? Roswitha Halverscheid, St. Léger sur Vouzance, Frankreich

Werte taz-Redaktion, euer Titel „Mähdrescher-Mob“ macht leider alle Differenzierungen platt, um die nachfolgende Artikel sich bemühen. Und er demonstriert, dass die Stadt-Redaktion sehr weit weg ist vom Land. Da reißt ihr vieles ein, was ihr und andere mühsam an Verständigung zwischen gern auch etwas konservativer tickender Landbevölkerung und der Öko-Bio-Konsument*innen-Stadtklientel aufgebaut haben. Anne Ulrich, Berlin

Giftige Landwirtschaft?

Die Maschinenindustrie mit ihren Monsterfahrzeugen und Motorsägen vernichten alles in Windeseile, was noch übrig ist von diesem Planeten. Wann wird diesen Riesenraubtieren endlich der Geld- und Stromstecker gezogen? Und der Rüstungsindustrie? Die Hungernden verlangen nach Brot, die Satten nach Krieg!

A. Weber, Landau

Das zeigt das ganze Ausmaß der Verkommenheit dieser kapitalistischen Wirtschaftsstruktur: Der asoziale Egoismus der Bauern wird belohnt, obwohl die Branche maßgeblich dazu beiträgt, dass immer mehr Arten aussterben, das Grundwasser verschmutzt und das Klima belastet wird – hingegen werden die Klima-Kleber mit ihrer sozialen Sorge um unsere Welt kriminalisiert. Klaus-Peter Klauner, Brühl

Da ich selbst einen nicht mehr bewirtschafteten Hof nach ökologischen Grundsätzen in den letzten 30 Jahren aufgebaut habe, weiß ich um die aktuelle Situation der vielen noch übrig gebliebenen kleinen Bauernhöfe. Die Bauern sind es jedenfalls, die sich jeden Tag den Arsch aufreißen, damit auch ihr jeden Tag etwas zu knabbern habt. Ich habe auch Wackersdorf inklusive Hüttendorf und Mutlangen mitgemacht – nicht dass ihr denkt, ich käme auch noch aus dem rechten Lager. Rolf Sachsenmaier, Rosenberg