Von Stagnation, Problemen und Defiziten

Großkoalitionäre Anfrage zeigt: 86 rechtsextremistische Straftaten wurden im vergangenen Jahr registriert, 51 Verfahren eingeleitet. Die Szene in Bremen stagniert, dafür ist die Orientierung ins Umland umso heftiger

Bremen taz ■ Wie es sich um Straftaten mit rechtsextremistischen Hintergrund verhält, wollten die SPD- und CDU-Bürgerschaftsfraktionen wissen und haben den Senat danach gefragt. Jetzt liegt die Antwort vor.

Die Zahl registrierter Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund lag im Jahr 2004 bei 86. Im Jahr davor lag sie bei 73, 2002 bei 132 und 2001 bei 183. Das entspricht im wesentlichen dem Trend in den anderen norddeutschen Bundesländern. Im vergangenen Jahr wurden derweil 51 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dass sich somit nicht jede registrierte Straftat als Ermittlungsverfahren wiederfindet, hat diverse Gründe. So könnten mehrere Straftaten in einem Verfahren zusammengefasst sein, so Henning Maul-Backer aus dem Justizressort. Zudem gebe es einen zeitlichen Abstand zwischen der polizeilich registrierten Straftat und dem staatsanwaltlich eingeleiteten Verfahren. Straftaten aus 2003 könnten so erst 2004 zum Verfahren werden. Und, auch das sagt Maul-Backer, nicht jede Straftat wird zum Verfahren.

Das Gros der Ermittlungsverfahren dreht sich um das Verbreiten von Propaganda und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie um Volksverhetzung und Gewaltdarstellung. Gewalttaten von Rechtsextremisten gingen im vergangenen Jahr zurück, die Staatsanwaltschaft leitete kein einziges Verfahren deshalb ein. In den Jahren davor hatte die Zahl der Verfahren wegen Körperverletzung und Landfriedensbruch abgenommen, vergangenes Jahr lag sie bei Null. Vier Verurteilungen wegen rechtsextremistischer Straftaten gab es in Bremen im vergangenen Jahr (2003: 8; 2002: 18).

CDU und SPD wollten vom Senat auch Aufschluss über die Stärke der NPD und anderer rechtsextremer Parteien sowie über die Verbindungen der Bremer Rechtsextremen ins Umland. Die NPD hat in Bremen rund 50 Mitglieder, 25 seien aktiv. So steht es im Verfassungsschutzbericht. Die DVU hat 200 Mitglieder (im Jahr zuvor waren es noch 230), Republikaner und DP haben gleichbleibend 15 bzw. 40 Mitglieder. Die Bremer NPD und die neonazistische „Kameradschaft Bremen“ stünden in engem Kontakt mit der „sehr agilen rechtsextremistischen Szene im Raum Rotenburg/Verden.“

Was die Senatsantwort nicht ausführt, steht dafür im Verfassungsschutzbericht: von „stagnierenden Mitgliederzahlen, personellen Problemen und konzeptionellen Defiziten“ ist da bei der NPD die Rede, von „Furcht vor Gegnern“ und „organisatorischer Schwäche“ bei der DVU. Die Stärke der Linken und die Aufmerksamkeit der Medien seien es, die in Bremen eine größere Präsenz von Rechtsextremisten verhindert, so Verfassungsschutzleiter Walter Wilhelm. sgi