brief des tages
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Sprachliche Hürde

„Im freien Fall“, taz vom 6. 12. 23

Die Ergebnisse in Mathematik wundern mich als ehemalige Lehrerin nicht. Hat sich doch viel in den Anforderungen und Aufgabenstellungen geändert. Wurden früher Türmchen gerechnet und am Ende gab es noch eine Textaufgabe, an der auch viele scheiterten, sind heute textlastige Anforderungen üblich, so auch bei PISA. Um diese mathematischen Aufgaben zu bewältigen, muss man sinnentnehmend lesen können und einen umfangreichen Wortschatz haben, erst dann kann man verstehen, was man eigentlich rechnen soll. Da inzwischen viele Kinder aus einer nicht deutschprechenden Familie kommen, ist das eine zusätzliche Herausforderung, an der sie oft scheitern. Es sollen mathematische Kenntnisse abgeprüft werden, jedoch muss die sprachliche Hürde erst überwunden werden, bevor sie zeigen können, was sie mathematisch draufhaben. Zurzeit übe ich gerade mit einem Jugendlichen mit Migrationshintergrund für die Gesellenprüfung – die Texte strotzen vor Wörter und Ausdrücken, die völlig veraltet sind und die kein Mensch versteht, der nicht alt ist, aus einem wortgewandten Elternhaus kommt, und mit Migrationshintergrund erst recht nicht. Kirsten Kruzek,Ellerbek