Wehrpflicht an der Heimatfront

Union will Bundeswehr im Inneren einsetzen. Verfassungsänderung geplant

BERLIN taz ■ Für den Fall eines Regierungswechsels plant die Union den Einsatz der Bundeswehr im Inland deutlich auszuweiten. Dem Konzept Peter Strucks zur Bundesreform fehle „ein ganz entscheidendes Element, das des Heimatschutzes“, sagte Wolfgang Schäuble in einem gestern veröffentlichten Interview. Es gehe um „ein neues Verständnis von äußerer und innerer Sicherheit“.

„Aus dem Personalbestand der Bundeswehr mit einem Umfang von ca. 275.000 Soldaten“, so schon ein offizielles CDU-Papier zur Sicherheitspolitik vom Juni 2004, „sollte eine Größenordnung von rund 25.000 Soldaten auch mit Aufgaben des Heimatschutzes betraut werden.“ Schon angesichts der Haushaltslage ginge es darum, „vorhandene Ressourcen und Fähigkeiten optimal und effizient zu nutzen“. Hatte Rot-Grün die Bundeswehr durch die ersten zwei Kampfeinsätze deutscher Truppen seit 1945 und eine kaum noch überschaubare Anzahl so genannter Stabilisierungseinsätzen geprägt, will die Union sich nun durch die Forderung nach dem verstärkten Einsatz im Inneren profilieren. Ein Zurück zur Landesverteidigung, wie im Grundgesetz vorgeschrieben, bedeutet dies nicht. Schäuble spricht vom Aufbau einer „Nationalgarde“ nach dem Vorbild der USA, auf die auch die Ministerpräsidenten der Bundesländer zurückgreifen könnten.

Vorarbeit für den Einsatz der Bundeswehr als Polizeihilfstruppe hat die rot-grüne Regierung schon geleistet, insbesondere mit dem Luftsicherheitsgesetz. Es gibt dem Verteidigungsminister das Recht zum Abschuss ziviler Flugzeuge, wenn er einen Anschlag wie am 11. September 2001 befürchten muss. Allerdings kam es dabei auch zum Dissens mit der Union. Denn während die Regierung dabei das Grundgesetz großzügig auslegte, machte die Union deutlich, dass sie den Spielraum der Bundeswehr durch eine Verfassungsänderung ausweiten will – für die sie auch die SPD bräuchte.

Nebenbei will die CDU so auch das Problem der Wehrpflicht lösen: Wie die SPD steht sie vor dem Dilemma, einerseits die Bundeswehr zu einen flexibel einsetzbaren Gewaltdienstleister zu machen, andererseits aber aus Gründen ihres Staatsverständnisses nicht auf die Wehrpflicht verzichten zu wollen. „Zu rund 80 Prozent“, so die Pläne, soll die Heimatschutztruppe aus Wehrpflichtigen bestehen – zum Einsatz bei der „Verkehrslenkung“, der „Trümmerbeseitigung“, aber auch der „Sicherung militärischer und ziviler Objekte“. ERIC CHAUVISTRÉ