Russischer Alt-Grüner gründet Partei

Als sich am letzten Sonntag in der Nähe Moskaus die neue Partei „Union der Grünen Russlands“ zu ihrem Gründungskongress versammelt, ist allen im Saal klar: der Vorsitzende der neuen grünen Partei wird Alexej Jablokow. Der weißhaarige Biologieprofessor mit beeindruckendem Vollbart ist grünes Urgestein der sowjetischen und russischen Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung. Als Mitgründer der „Allrussischen Gesellschaft zum Schutz der Natur“ tritt Jablokow 1950 erstmals in Erscheinung. 1956 veröffentlicht er die Broschüre „Was ist Umweltschutz – seine Bedeutung für die Sowjetunion“. Ende der 50er-Jahre untersucht Jablokow die Auswirkungen der Atomversuche auf die Polarinsel Nowaja Semlja.

Der Wissenschaftler, der eher ein Einzelgänger ist und als Mann der einsamen Entschlüsse gilt, hat über 400 Artikel und Bücher geschrieben. 1988 gründet Jablokow die russische Sektion von Greenpeace und ist drei Jahre Vorsitzender. Nach seiner Wahl in den Obersten Sowjet 1989 übernimmt er den stellvertretenden Vorsitz des Umweltausschusses und führt die ersten öffentlichen Anhörungen zu den Atomkatastrophen am Ural durch. Erstmals wird dabei das Ausmaß der Plutoniumkatastrophen von Tscheljabinsk in der russischen Öffentlichkeit diskutiert.

Gleichzeitig arbeitet Jablokow auch im Untersuchungsausschuss zur Tschernobyl-Katastrophe mit. Von 1991 bis 1993 ist er Umweltberater von Präsident Boris Jelzin und bis 1997 Vorsitzender der Umweltkommission des Sicherheitsrates. Jablokow ist zu verdanken, dass Jelzin einen großen Teil der Informationen zu radioaktivem Müll in den Meeren der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Alexej Jablokow steht für ein Russland ohne Atomenergie und Atomwaffen. Allein mit Energieeinsparung ließe sich ein Mehrfaches der von Atomkraftwerken produzierten Energie einsparen, sagt der hagere Mann, der seine Mitmenschen gerne spüren lässt, dass er sich ihnen überlegen fühlt.

Nun soll die neue Partei registriert werden, mit dem Ziel, sich an den nächsten Wahlen zu beteiligen. Spannend wird, wie sich die neue Partei bei nicht4ökologischen Themen verhalten wird. Jablokow, der sich im Anzug sichtlich unwohl fühlt und sich lieber leger kleidet, hat wissen lassen, dass für ihn der Kampf für Menschenrechte und eine Zivilgesellschaft zentrale Bestandteile der Arbeit sein werden. So ist es auch kein Zufall, dass einer seiner Stellvertreter der Marinekapitän a. D. Alexander Nikitin ist. Dieser saß wegen angeblicher Spionage zehn Monate in Haft. Er hatte Informationen über die Verseuchung des Nordmeeres durch die Marine an eine norwegische Umweltgruppe weitergegeben. BERNHARD CLASEN