zurück in die zukunft:
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Ein älterer Mann sitzt alleine in seiner Kammer. Neben ihm stehen zwei Grammofone. Eins beschallt ihn mit Opernmusik, das andere berichtet über Neuigkeiten aus aller Welt. Ein Roboter-Butler serviert Getränke. Die Bergluft kommt direkt aus dem Ventilator. Und über einen Projektor können die Liebsten rund um die Uhr beobachtet werden. Seine Bedürfnisse werden befriedigt, und doch sitzt der Mann alleine zu Hause.
Überschrieben war diese Grafik aus dem Life Magazine im Jahr 1911 mit „We’ll be all happy then!“, zu Deutsch „Dann werden wir alle glücklich sein!“. Macht es nicht tatsächlich glücklich, die eigenen Bedürfnisse permanent zu erfüllen? Im Jahr 1974 formulierte der Philosoph Robert Nozick ein Gedankenexperiment, das an das Bild erinnert. Er fragte sich, wie sich Menschen zwischen zwei Alternativen entscheiden würden: Wählen sie die Realität mit all ihren Unzulänglichkeiten oder einen Vergnügungsapparat, der ihnen alle Erfahrungen vorspielt, die ihnen gefallen? Für den Philosophen Nozick war klar, dass sich alle für die Realität entscheiden sollten. Das lethargische Gesicht des älteren Mannes auf dem Bild scheint das zu unterstreichen. Das Leben heute scheint manchmal nicht allzu fern von der Zukunftsvision auf dem Bild zu sein: Essen und Getränke werden über Lieferservice direkt ins Haus gebracht. Nachrichten und Musik laufen ununterbrochen auf dem Handy ein. Die Versuchung ist groß, sich tiefer in diesen Vergnügungsapparat hineinfallen zu lassen. Dabei sollte man nicht die Lektion dieser Illustration und von Nozick vergessen: Das Leben ist nicht immer perfekt, aber dafür ist es echt. Konrad Bierl
Zukunftsbilder aus der Vergangenheit
und was man aus ihnen lernen kann, erkunden wir hier in jeder Ausgabe.
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