Den Wald mit Zähnen roden

Schurken, die die Welt beherrschen wollen. Heute: Angela „Die Unaufhaltsame“ Merkel

Das Gras der Erde wächst, um von Santa Angela Merkel getreten zu werden

Sie ist die oberste Anwärterin auf den fettesten Lorbeer des Staates: Angela Merkel, auf den Schild gehoben und dem Licht der Wähler entgegengestreckt von jener christlichen Partei, die seit alters erfüllt ist von Myrrhe und Weihrauch. Angela Merkel, Deutschlands derzeit beliebteste Blüte: die pralle Hoffnung des Ostens, die dicke Zuversicht des Westens, die runde Zukunft des Landes. Arm und Reich, Oben und Unten eint sie unter ihrer Achsel, wenn auch nicht in dieser Reihenfolge. Moguln beugen die Schenkel vor ihr, reiche Prinzipale drücken sich mit dem feisten Bauch zu Boden; denn wer sich vorne erniedrigt, wird hinten erhöhet werden. Zugleich ist sie die Fee der Gedrückten, der Traum der Gebeutelten, der Messias der Zerquetschten – oder anders gesagt, das Tempotuch ihrer Ängste, das Kleenex ihrer Sorgen und das Zewa Wisch & Weg ihrer 1000 unerfüllten Wünsche.

Angela Merkel: Sie trägt das Hirn auf dem richtigen Fleck, und zu Großem ist die gelernte Christdemokratin bestellt. Sie ist die Halskette der deutschen Einheit in Eintracht, der Lidschatten der Freiheit in Frieden und Freuden und ein Hosenanzug voller Wundertaten. Sie ist der neue Moses, der die deutsche Wirtschaft aus der Knechtschaft führt. Sie ist der brennende Dornbusch, der die Gesellschaft im Großen zum Ganzen ruft. Und sie ist der wiedergeborene Hermann: ein wahres Erbspüree teutscher Kraft, ein Schweinsbraten des Bewährten.

In ihr leckt Deutschland sich selbst. Dem Volke, zerrissen von Scheelsucht, Neid und Beinestellen, zerrupft von Unfriede, Zank und Plumpaquatsch, wird sie einblasen den Odem des Dienens am Balsam der Gemeinschaft zum Labsal aller. Sie wird Ordnung und Sitte wiederaufrichten, dass nicht mehr der Vater auf dem Sohn liegt und die Mutter Unken isset. Fernhalten vom Volke aber wird sie die Blattern und den Feigwurz, schlechte Drüsen und heraushängenden Auspuff. Denn Santa Angela Merkel ist auserwählt, die Menschen zu bilden nach ihrem Ebenbilde. Niemand ist dazu berufen denn sie! Nicht einer unter Milliarden, der es wert ist, Angela Merkel mit seinen eigenen Händen zu putzen.

Fürwahr, sie ist gebenedeit unter den Politikern. Ihre Anhänger beten die Kuhle in ihrem Bett an, darin sie gelegen, und hauen den Abdruck in Marmor. Ihre Jünger vergöttern den Boden, über den ihre Füße schritten, und schneiden die Schollen aus dem Erdreich und legen sie in den Reliquienkasten. Das Meer tritt über die Ufer, um Angela Merkel sehen zu dürfen. Berghänge kommen herab, um ihrer Nähe teilhaftig zu werden. Die Erde öffnet ihren Schlund, um eins zu werden mit ihr. Ihre Fähigkeiten sind Legion, ihre Fertigkeiten Legende, ihre Taten Märchen. Angela Merkel macht die Taubstummen gehen, die Dummen essen und die Klugen beten. Ihr Schatten macht Kranke gesund und trübe Quellen klar. Sie ist die deutsche Jeanne d’Arc, die heilige Jungfrau von Templin, der Perle der Uckermark, diesem Schatzkästlein Brandenburgs, der Krone Deutschlands, die Tiara unter den Regionen. Das Gras der Erde wächst, um von ihr getreten zu werden, und Gott spricht leiser in ihrer Gegenwart. Denn siehe, sie ist der Spross eines Pastors.

Denn Angela Merkel ist auch ein Mensch. 35 Jahre verbrachte sie in der Verborgenheit; und lieber hätte sie in irgendeiner LPG einen Stall ausgemistet, der niemals Wasser noch Forke gesehen, lieber einen Acker mit bloßen Händen umgegraben, lieber einen Wald mit den Zähnen gerodet, lieber eine Straße mit der Zunge gesäubert und ein Haus gegessen, als auf den Silberteller der Politik zu rutschen. Doch ihr Ehrgeiz war stärker als sie. Zwar trat die Heldin zunächst, in den letzten Atemzügen der Sowjetzone, in den Fettnapf des Demokratischen Aufbruchs. Doch bald zog sie ihre Nase aus diesem Irrtum heraus, kroch der stärkeren CDU hinein und bekam auch sofort Öl in den Lauf. Als Ministerin für Frauen und Jugend, dann für Umwelt und Naturschutz gewann sie langsam Gefallen am Staate, ward ein Katapult der Beharrlichkeit, eine Armbrust an Energie, ein Rammbecken voller Einsatzwillen, und immer höher schlug der holde Busen der Unaufhaltsamen.

Hinter den Fernsehkameras lernte der Engel Angela nun auch zu beißen. Biblische Plagen lässt sie herunterknattern auf jene, die nicht mit ihr sind und spotten ob ihres weichen Pantoffelgesichts; denn sie ist unbeschmutzbar. Widerworte sägt sie mitten durch, ohne aus Mitleid zu zucken; denn sie ist unbekrittelbar. Sie dreht ihren Gegnern die Beine auf den Rücken, reibt die Augen ihrer Feinde mit Essig ein und schüttet den Rivalen Regenwürmer in die Unterwäsche. Helmut Kohl hat sie zermatscht, Wolfgang Schäuble umgekippt und Edmund Stoiber mit viel Geduld sämig gerührt, bis er ihr Freund ward und bereit, den Speichel der Unüberwindlichen aus Eimern zu schlürfen.

Angela Merkel: Sie ist die Salbe der Zukunft, die Faltencreme der Zuversicht und die Pomade des Aufschwungs. Keine befleckte Empfängnis trübt ihr Leben, und verheiratet ist sie mit Deutschland. Mit anderen Worten: Ende. PETER KÖHLER