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: Ein großes Rätsel

„Jennifer Nitsch – Tod einer Schauspielerin“, 23. 30 Uhr, ARD

Als Jennifer Nitsch am Sonntag, dem 13. Juni 2004, um 13 Uhr absichtlich oder versehentlich aus dem Fenster ihrer Münchner Wohnung stürzte oder gestürzt wurde, ging es ihr nicht gut (Alkohol? Drogen? Einsamkeit? Weltschmerz? Autoaggression?). Das ist keine wirklich überraschende Erkenntnis – außer vielleicht für die ARD und Regisseurin Birgit Kienzle. Immerhin widmen sie der Schauspielerin – deren Tod vor allem der Boulevard ausschlachtete (Mysteriöse Männer in der Wohnung? Erbschaftsstreit? Scheidungskindtrauma?) – eine einstündige Dokumentation. Mit einiger Müh und Anstrengung klappert sie Vater, Freunde und die üblichen Verdächtigen der Münchner Schauspiel-Schickeria ab, um ein Jahr später noch einmal über den „rätselhaften“ (alle) Tod der „Legende“ (Bunte-Nitsche-Experte) dieses „frechen, lustigen, höchstbegabten“ (alle), ohne Ausbildung durchgestarteten „Luders des neuen deutschen Filmbooms“ (Ex-Affäre Matthieu Carriere) zu spekulieren. Das Ergebnis: Nitsch war psychisch labil, nahm Drogen, hatte eine Therapie hinter sich, kam mit ihrem Erfolg zwar klar, aber nicht mit den Phasen der Leere zwischen den Drehzeiten. Von einer ARD-Produktion kann man nicht nur mehr erwarten, man muss. Sie hätte sich entscheiden müssen: entweder für ein intelligentes Porträt von Jennifer Nitsch oder für die Geschichte einer Schauspielerin in einem Milieu, das sich selbst so gerne Szene nennt. Alles andere macht der Boulevard – und das einfach besser. SUSANNE LANG