Marsch auf Edinburgh

Einen Monat vor dem Mammutkonzert „Live 8“ predigte Sir Bob Geldof in Berlin vor Journalisten für Afrika

Campino ist Rockstar. Er darf keine Zeit haben. Am Abend ein Konzert in Göttingen – natürlich ausverkauft. Bleiben nur anderthalb Stunden, um in Berlin die Weltrettung vorzubereiten.

So lange dauerte nämlich die Pressekonferenz zum Berliner „Live 8“-Konzert am 2. Juli, an der neben Campino auch der örtliche Veranstalter Marek Lieberberg, die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul, der Geschäftsführer von Oxfam Deutschland, Paul Bendix und natürlich Sir Bob Geldof teilnahmen. Geldof war mal Rockstar. „I’ve done stadiums“, stellte er im Konferenzraum des Berliner Hotels Grand Hyatt klar, denn den meisten Menschen ist Geldof wohl wegen seines sozialen Engagements bekannt. Höhepunkt: das Live-Aid-Benefizkonzert für Afrika am 15. Juli 1985 in London und Philadelphia.

„Live 8“ statt G 8

Zum 20. Jubiläum des bis dato unerreichten musikalischen Großereignisses und im Vorfeld des G-8-Gipfels im schottischen Gleneagles hat Geldof in Berlin eine Fortsetzung von Live Aid mit anderen Mitteln vorgestellt: Wenn am 2. Juli in London, Berlin, Rom, Paris, Philadelphia und – neu dabei – Ottawa und Tokio mehr als 100 Rockstars vor über einer Million Zuschauern auftreten werden und per Fernsehübertragung vor der ganzen Welt, soll es nicht vorrangig um Spenden für Afrika gehen, sondern um Gerechtigkeit. „Wie verwandeln wir Wohltätigkeit in politische Gerechtigkeit?“, beschwor Geldof die etwa 100 anwesenden Journalisten, Fotografen und Kamerateams. In einer knapp halbstündigen emphatischen Rede rief er zu einem „Bündnis der Besorgten“ auf, das sich unter anderem für einen Schuldenerlass engagieren soll, und bedankte sich bei Campino dafür, dass die Toten Hosen eine der ersten Bands gewesen seien, die die Idee ohne Wenn und Aber unterstützt hätten.

„Verrücktes Abenteuer“

Doch für Geldof ist dieses „größte Konzert aller Zeiten“ nur die Vorstufe zum Marsch auf Edinburgh. Deutschland und alle anderen Länder sollten sich bewegen „für diejenigen, die noch nicht mal kriechen können“. Eine Million Menschen will er mit Hilfe von gecharterten Flugzeugen, Booten und Zügen mobilisieren. „Go on the mad adventure“, forderte er die Journalisten auf.

Verrückt sind auch die Ausmaße des Berliner Konzerts, das zwischen 14 und 20 Uhr zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor stattfinden wird. Der Eintritt ist wie bei allen „Live 8“-Konzerten frei. Doch Marek Lieberberg gab sich zuversichtlich: „Ich denke, die die kommen, können wir auf jeden Fall unterbringen.“ Neben den Toten Hosen werden in Berlin Green Day, A-ha, Brian Wilson, die Söhne Mannheims, Wir sind Helden und Silbermond auftreten. Geldof selbst wird am 2. Juli auf der zentralen Veranstaltung im Londoner Hyde Park sein – „wegen des besseren Line-Ups“.

DAVID DENK