Rot-grüne Visa-Tricks

Wer hat Visa-Ausschuss beendet? Rot-Grün oder die Sekretäre? Schwarz-Gelb: Schnelles Karlsruher Urteil

BERLIN taz ■ Mit der Visapolitik hat Rot-Grün kein Glück. Erst muss der Außenminister gravierende Versäumnisse im Umgang mit Visa-Erlassen einräumen. Nun kommt häppchenweise heraus, wie SPD und Grüne den unliebsamen Untersuchungsausschuss beendet haben.

Der SPD-Obmann im Visa-Ausschuss grinst gern, wenn er darüber spricht, wer den Visa-Ausschuss eigentlich beendet hat. „Wissen Sie“, sagt Olaf Scholz dann, „der Schließungsvermerk wurde von einem Unions-Mann verfasst – und der ist ja wohl völlig unverdächtig für rot-grünen Einfluss.“ Wenn es nur so wäre.

Zwar kann sich Rot-Grün darauf berufen, dass das neutrale Sekretariat des Ausschusses empfahl, keine weiteren Zeugen mehr anzuhören. Aber: Der Vermerk wurde keinesfalls von unionsnahen Beamten verfasst. Er stammt aus der anderen Ecke, aus der Feder eines Referenten, der dem zweiten Vorsitzenden zuarbeitet – dem SPD-Abgeordneten Volker Neumann.

Der Ausschussmehrheit konnte es danach nicht schnell genug gehen, das unliebsame Untersuchungsgremium aufzulösen. Sie beschlossen gegen die Minderheit, die Zeugeneinvernahme zu beenden – ein parlamentarisch ungewöhnliches Verhalten. Und sie luden nun auch sofort alle Zeugen aus. Dabei ist nicht klar, ob das Verfassungsgericht in Karlsruhe einem Eilantrag von Union und FDP stattgibt. Die Opposition will so lange weitermachen, wie irgend möglich – und klagt vor dem höchsten Gericht. Ein Sprecher dort stellte in Aussicht, einen schnellen Beschluss vorzulegen.

Formell beantragte Rot-Grün, „die Vernehmung weiterer Zeugen … einstweilen auszusetzen“. Tatsächlich aber bereitet man sich darauf vor, die Aktendeckel über das Zustandekommen zweifelhafter Visa-Erlasse und deren Missbrauch endgültig zu schließen. Denn: Das Sekretariat soll sofort beginnen, einen Sachstandsbericht zu schreiben – das ist nach Untersuchungsausschussgesetz der Schlussstein.

Der letzte Zeuge freilich hat noch nicht aufgegeben. Innenminister Otto Schily (SPD), auf den die Opposition besonders begierig ist, weil er Außenminister Fischers Visapolitik von Anfang an aufs Korn nahm, hat eine Art Privatissimum in Aussicht gestellt. Im Gespräch mit Abgeordneten bot Schily an, er würde auch in den Fraktionen von Union und FDP seine Sicht der Dinge erläutern. CHRISTIAN FÜLLER