Wald weg, Wellness her

Um in Schulen und Freizeiteinrichtungen zu investieren, will die Stadt Winterberg Wald veräußern. Die Einwohner des sauerländischen Wintersportorts sind dagegen – und planen ein Bürgerbegehren

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Im Internet gibt sich die sauerländische Stadt Winterberg naturverbunden: Von „endlosen Wäldern“ ist dort die Rede, und von „sonnigen Tälern“, die Winterberg zu einem „reizvollen Ziel“ für den Wanderurlaub machen würden. Doch die pittoreske Szene wird überschattet. Die Winterberger Stadtverwaltung plant, ein Fünftel des kommunalen, etwa 5.500 Fußballfelder messenden Waldes für rund acht Millionen Euro zu verkaufen – um dann Schulen zu sanieren und im städtischen Kurpark ein Wellness-Zentrum zu errichten.

Für Joachim Reuter ist das unbegreiflich: „Der Wald gehört seit Generationen zu unserer Heimat“, sagt der Sprecher einer Gemeinschaft von 16 Winterberger Vereinen. Selbst in wirtschaftlich schlechten Zeiten sei er nicht verkauft worden. Warum das jetzt geschehen solle, wo der Holzverkauf zudem eine wichtige Einnahmequelle für Winterberg sei, können Reuter und seine Mitstreiter nicht verstehen. Deshalb machen sie Wind gegen den Waldverkauf. 2.500 Unterschriften haben sie gesammelt, mehr als genug für ein Bürgerbegehren. Doch ein solches Verfahren unterliegt strengen Richtlinien. Deshalb sollen bis zum Wochenende neue Formulare gedruckt werden. „Wir könnten bestimmt 5.000 Unterschriften zusammen bekommen“, sagt Reuter siegessicher. 1.400 sind für ein Bürgerbegehren nötig.

Werner Eickler, CDU-Bürgermeister im verschuldeten Wintersportort, ist aufgebracht: „Was da passiert, ist gefährlich für unsere Stadt“, sagt der Christdemokrat, der nicht müde wird zu beteuern, es handle sich bislang nur um „Strategiebeschlüsse“. Also alles nur eine vage Überlegung? Ja und Nein. In den Schulen und Freizeiteinrichtungen gebe es einen Sanierungsbedarf von rund 20 Millionen Euro, rechnet Eickler vor. Für das Wellness-Zentrum wolle man nach einem Investor suchen. „Aber der trägt ja die Kosten nicht alleine, da müssen wir schon was dazu tun“, sagt Eickler. Geld sei keines da, Fördergelder gebe es nicht, und „Schulden machen wir nicht.“ Was also dann? Vielleicht Wald verkaufen?

Eickler pocht darauf, dass der Beschluss im von der CDU dominierten Zwei-Parteien-Rat „fast einstimmig“ angenommen worden sei. Nach den Grünen sucht man in Winterberg vergebens. In Ermangelung eines Ortsvereins beschäftigt sich gerade der zuständige Kreisverband mit der Sache. Bis Anfang Juli solle es eine Veranstaltung zum Thema Waldverkauf geben, heißt es.

Ähnliches plant auch Eickler: „Bevor etwas beschlossen wird, soll es Bürgerversammlungen geben.“ Dass die Bürger sich bereits jetzt einschalten, hält der Bürgermeister für verfrüht. „Ehrlichkeit und Offenheit zahlen sich offenbar nicht aus – der Rat hätte das auch geheim durchsetzen können“, weiß der CDU-Mann, der von sich sagt, er sei „eigentlich gegen den Waldverkauf“. Aber wenn dadurch doch etwas Gutes dafür entstünde? „Freizeiteinrichtungen sind eine Investition in die Zukunft“, sagt Eickler. 67 Prozent der Arbeitsplätze hingen in Winterberg am Tourismus. Eickler will erst mal abwarten. Aber er warnt: „Wenn das Begehren durchkommt, hat der Bürger gesprochen und muss akzeptieren, dass wir Freizeiteinrichtungen schließen – und zwar reihenweise!“