KURZKRITIK: FELIX ZIMMERMANN ÜBER CELLOTÖNE
: Im Schatten des Noblen

Es gibt einfacheres, als ein französischer Cellist von Rang zu sein. Ein Schatten verdunkelt jedes Podium, auf dem er die Saiten streicht. Pierre Fournier ist‘s, der den Schatten wirft, der Aristokrat am Cello, ein nobler Mann mit feinem Ton.

Gautier Capuçon, 1981 in Chambéry geboren, saß also am Mittwochabend beim Auftritt im Rahmen des Musikfests Bremen auf einem zwar gut ausgeleuchteten, dennoch aber verdunkelten Podium im Oldenburger Schloss. Begleitet von seinem vorzüglichen Pianisten Jérôme Ducros spielte er Beethovens Variationen über „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ aus Mozarts Zauberflöte sowie die Sonaten von Prokofjew und Rachmaninow.

Er mühte sich nicht – was ohnehin kaum möglich wäre –, es dem großen Vorbild, dem Urahn des französischen Cellospiels, wenigstens annähernd gleich zu tun, sondern agierte als Gegenentwurf; ohne die feine Zurückhaltung und stille Versunkenheit ins virtuose Spiel also, stattdessen mit einer Verve und Kraft, die keinem der Stücke den Charakter verliehen, den sie haben könnten: der Beethoven zu zerstückelt, der Prokofjew technisch brillant, melodisch aber unbefriedigend, der Rachmaninow viel zu dick aufgetragen. Der ist eh schon so russisch-spätromantisch-schwelgerisch, da bedarf es nicht noch zusätzlichen Schmelzes.

Capuçon übertrieb es, den in den ersten drei Reihen platzierten Kunden des Sponsors gefiel es. Sie klatschten frenetisch. So ein Cello mit all seinen Möglichkeiten mal leibhaftig zu sehen, das ist aber ja auch etwas.