Polizisten wollen nicht zaubern

Die Kölner Polizeioffensive unter dem Namen „Frühlingszauber“ wird in die Zange genommen: Kriminalbeamte und Bürger kritisieren die Aktion des Polizeipräsidenten nun gleichermaßen

VON SEBASTIAN SEDLMAYR

Die Polizeiaktion „Frühlingszauber“ wird jetzt auch aus den eigenen Reihen kritisiert. Der stellvertretende Landesvorsitzende des „Bundes deutscher Kriminalbeamter“, Rüdiger Thust, greift die seit 21. März verstärkte Fahndung nach Intensivtätern, Verkehrssündern und Autodieben als „große PR-Aktion“ an, die auf viele Beamte wie „billige Effekthascherei“ wirke. Im Gespräch mit der taz erklärte Thust, die diensthabenden Polizisten fragten sich, warum „die normale Arbeit“ als „Frühlingszauber“ deklariert werden müsse. Durch „ätzendes Controlling“ gehe zu viel Zeit verloren. „Das behindert unsere Arbeit.“

Der Polizeigewerkschafter fordert, nach der Aktion Frühlingszauber „nicht noch einen Sommernachtstraum und ein Herbstgewitter“ folgen zu lassen. Die anstehenden Großveranstaltungen wie das Fußballturnier Confederations Cup, das Summerjam-Musikfestival und der katholische Weltjugendtag würden die Kölner Polizei in besonderem Maße belasten. Da seien Aufgaben, die nur Werbezwecken dienten, fehl am Platz.

Nach dem Willen des Polizeipräsidenten Klaus Steffenhagen soll Köln bis zum Jahr 2010 zur „sichersten Millionenstadt“ Deutschlands werden. Bislang schmückt sich München mit diesem inoffiziellen Titel. Viel Erfolg kann Steffenhagen bislang nicht verzeichnen: Die Kriminalität in Köln ist seit Beginn der Kontrolloffensive nicht nennenswert zurückgegangen.

Steffenhagen äußerte sich gestern nicht zu der gewerkschaftlichen Kritik. Ein Sprecher sagte, der Polizeipräsident sei in Kur. In einer schriftlichen Stellungnahme weist die Polizei die Kritik von Thust zurück. Durch „Frühlingszauber“ bleibe „grundsätzlich keine Arbeit liegen“. Es handle sich um „dauerhaft angelegte Aktivitäten mit punktuellen Großeinsätzen“.

Außerdem bestätige die Resonanz der Bevölkerung die Aktionen, die auch im Sommer und Herbst fortgesetzt werden sollten. Doch gerade in der Kölner Bevölkerung stößt manchen der „Frühlingszauber“ sauer auf. Eine Gruppe aus Künstlern, Journalisten und Wissenschaftlern berät unter dem Motto „Making of ... Frühlingszauber“ über Strategien „gegen behördliche Kontrollwut“. Die Gruppe lädt für heute Abend, 20 Uhr, zur öffentlichen Diskussion in den Viaduktbogen „Le Village“ in der Plankgasse, Nähe Hansaring.