De Villepins Schlacht um neue Arbeitsplätze

Frankreichs neuer Regierungschef will mit seinem Team vor allem die Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen

PARIS taz ■ Zuerst die „Schlacht um die Beschäftigung“: In seiner 50-minütigen Regierungsansprache vor dem Parlament hat Frankreichs neuer Premier Dominique de Villepin gestern Nachmittag angekündigt, dass er das Vorgehen gegen die Arbeitslosigkeit ins Zentrum seiner Tätigkeit stellen wird. Mehr als 40 Minuten lang listete er konkrete Maßnahmen auf, die sich vor allem an die mehr als 10 Prozent Arbeitslosen sowie an die kleinen und mittleren Unternehmen Frankreichs richten. Zu Europa äußerte de Villepin sich erst in den Schlusssätzen seiner Rede.

Der Premierminister sprach gestern wie ein Arbeitsamtsdirektor. Er kündigte an, dass er gegen die in Frankreich besonders hohe Jugendarbeitslosigkeit sowie gegen die Langzeitarbeitslosigkeit der über 50-Jährigen vorgehen will. Zu diesem Zweck will er auch die Arbeitsverträge „vereinfachen“. Dazu gehört, wie er gestern unter den Buhrufen der Opposition ankündigte, unter anderem eine Verlängerung der Probezeit auf zwei (sic!) Jahre sowie Sanktionen gegen Arbeitslose, die mehrere Vermittlungsangebote ablehnen.

Zugleich will er 20.000 neue Ausbildungsplätze in der Armee anbieten sowie die Altersgrenze für Ausschreibungen im öffentlichen Dienst abschaffen. Um kleinen und mittleren Unternehmen Neueinstellungen zu „erleichtern“, will de Villepin außerdem die gesetzlichen Regeln für die betriebliche Mitspracherechte aushöhlen. Zur schnellen Umsetzung dieser politischen Absichten kündigte er gestern an, seine Regierung werde mit „Dekreten“ arbeiten.

Der Premier forderte alle Regierungsmitglieder auf, ihre Politik dem Kriterium der Mehrbeschäftigung unterzuordnen. So will er auch verstärkt staatliche Gelder in große Infrastrukturprojekte investieren. Darunter Ausbauten im Straßen- und Eisenbahnnetz. Das Geld soll aus Steuern kommen.

De Villepin sagte gestern erstmals laut, was viele in Frankreich seit Monaten erwarten: Die von Chirac versprochene Senkung der Einkommensteuer findet nicht statt. De Villepin: „Zunächst machen wir eine Pause bei den Steuersenkungen.“

Die Konzentration auf das Thema Arbeitslosigkeit ist eine direkte Antwort auf das Referendum über die EU-Verfassung. Einerseits hat die Regierung festgestellt, dass die sozialen Themen im Mittelpunkt der Kampagne der Non-Sager standen. Andererseits zeigt das Ergebnis, dass das „Oui“ nur dort mehrheitlich abgeschnitten hat, wo die Arbeitslosigkeit unter dem nationalen Durchschnitt liegt.

Zu Europa versicherte de Villepin, seine Landsleute hätten „keine Angst vor Europa“. Aber nach 60 Jahren eines „wirtschaftlichen und pragmatischen Europas“ wollten sie ein Europa, das sich auch als „Alternative zu einer Welt der Partikularinteressen“ versteht.

In der Vertrauensabstimmung erzielte de Villepin problemlos die parlamentarische Mehrheit. Dass der Chef der rechtsliberalen UDF, François Bayrou, sich nicht beteiligte und die komplette Opposition gegen ihn stimmte, änderte daran nichts. Die UMP hat die absolute Mehrheit. DOROTHEA HAHN