berliner szenen
: Zittern für den guten Zweck

Früher in der Heilig-Kreuz-Kirche, jetzt in St. Matthäus am Kulturforum. Die Kunstauktion der Evangelischen Kirche ist umgezogen. Der Sinn der Sache bleibt: Geld für die Flüchtlingshilfe sammeln. 53 Künstlerinnen und Künstler haben eine Arbeit gespendet, Zeichnungen, Fotografien, Ölmalerei, Skulpturen. Viele Erfolgreiche sind dabei, Norbert Bisky zum Beispiel. Die Mindestgebote liegen zwischen 200 Euro und 9.000.

Eine Freiwillige trägt ein Schild durch die Reihen: Bitte Ruhe! Der Auktionator ruft das erste Los auf, ein kleinformatiges Bild, von Weitem wirkt es wie blau-grau gestreift, aus der Nähe ist eine brandenburgische Landschaft zu erahnen. Eine ältere Frau dreht und wendet ihre Bieternummer, als der Mann direkt neben ihr seine schon hochhält. Jetzt macht sie mit. Auch in den vorderen Reihen melden sich Interessenten – der Auktionator reagiert begeistert. Jetzt wieder die ältere Frau. Und auch ihr Banknachbar. Die von vorne sind ausgestiegen. Nur noch ein Ping-Pong. Bis auch der Mann aussteigt. Zum Ersten, zum Zweiten – die Frau bekommt den Zuschlag. Ihre Finger zittern, das Publikum applaudiert. Vermutlich sind mehr Privatpersonen als Galeristen anwesend, viele der teureren Bilder bleiben ohne Resonanz. Der Banknachbar jedenfalls scheint sich mit seiner Konkurrentin zu freuen, er habe ja schon ein Aquarell von Geccelli zu Hause. Für sie war der Name neu. Das Bild hatte sie einfach mitten ins Herz getroffen, beim ersten Anblick, unerklärlich, weil es doch eigentlich so schlicht sei. Jetzt muss sie das Bild nur heil nach Hause bringen.

Verpackungsprofis hüllen das Ersteigerte in Luftpolsterfolie. Als einer von ihnen den besorgten Blick der Frau sieht, bietet er zusätzlich eine Plastiktüte an. Sie trägt ihr kostbares Gut in einem blauen Müllsack durch den Regen. Claudia Ingenhoven