LeserInnenbriefe
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Psychisch Kranke wegsperren?

■ Betr.: „Irres Gesetz“, taz.bremen 27. 4. 12

Der Artikel über das Verhältnis des Bremer PsychKG und der UN-Behindertenkonvention verknüpft nicht zuletzt durch das Bild eines in der Forensik Untergebrachten die oft zumindest in den Hinterköpfen vorhandene Angst vor als psychisch krank definierten Menschen. Diese Angst ist es auch, die psychisch krank mit gefährlich gleichsetzt und die zwangsweise Unterbringung und Behandlung erst möglich macht. Die gleichzeitige Regelung der Ausgestaltung der Unterbringung von strafgerichtlich Verurteilten in der Forensik durch das PsychKG hat aber mit der auch dort geregelten Unterbringung aufgrund einer möglichen Gefahr nichts zu tun. Die von letzterer betroffenen Personen, die z. T. über Jahre immer wieder zwangsbehandelt werden, begehen oftmals keine strafrechtlich relevanten Taten. Inwieweit die UN-Behindertenkonvention zu einer weitgehenden Änderung des geschriebenen Rechts führen muss, ist dabei fraglich. Wozu die Konvention wenigstens auffordert, ist allerdings ein Umdenken. Das Etikett „psychisch krank“ darf nämlich nicht mehr dazu führen, dass dies ein auszugleichendes Defizit darstellt, sondern die Andersartigkeit ist zu akzeptieren. Zumindest soweit nicht die körperliche oder psychische Unversehrtheit anderer gefährdet wird. Hier haken die Befürworter des bestehenden Rechts ein und behaupten, es gehe nicht um Zwangsmaßnahmen aufgrund der Behinderung, sondern aufgrund einer dazutretenden Gefahr – was auch die Konvention für zulässig erachtet. Nur sind die Grenzen, in denen in Deutschland JuristInnen und ÄrztInnen denken, von anderen Gefahren bestimmt (auch weit unterhalb von schweren körperlichen Schäden oder dem Tod), als sie die UN-Behindertenkonvention zugrunde legt. Auch ist das Recht auf Freiheit in anderen Ländern in der Rechtspraxis ein viel wertvolleres. Was sich wird ändern müssen ist die konkrete Abwägung zwischen Freiheitsrecht (oder dem Recht auf Andersartigkeit) und dem diffusen Gefahrenabwehranspruch der derzeitigen Rechtspraxis. Man wird dabei allerdings mehr auf die in der Konvention vorhandenen Präventionsmechanismen hoffen müssen, als auf eine Änderung des schriftlichen Rechts.

Ein interessanter Artikel, jedoch ist die Bildauswahl misslungen. Wieso trägt die Bildunterschrift die Einleitung „Nie wieder raus“? Ich gehe davon aus, dass dieser Patient nicht bis an sein Lebensende untergebracht sein wird.  RECHTSANWALT SVEN-U. BURKHARDT