LESERINNENBRIEFE
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Arbeitskräfte heranbilden

■ betr.: „Blau ist die Hoffnung“, taz vom 30. 4. 12

Daniel Bax meint wohl, nur weil die Wirtschaft nach Arbeitskräften schreit und die Demoskopie auf die ganz „gesunde“ Reduktion der Deutschen in den nächsten Jahrzehnten hindeutet, braucht Deutschland Einwanderung. Hier decken sich die Interessen der sogenannten Wirtschaft, die vor allem immer mehr (konkurrierende) Arbeitskräfte als zur Verfügung stehende Arbeitsplätze fordert, und die persönlichen Vorlieben des taz-Redakteurs. Wenn im Ingenieurs-Paradies und Exportweltmeisterland BRD nicht genügend Ingenieure und Techniker da sind, so liegt das zuvorderst an dem oft unattraktiven Studium und dem späteren einseitig technokratischen Berufsleben. Den anderen meist ärmeren Volkswirtschaften die selbst dringend benötigten „besten Köpfe“ abzuluchsen und dadurch die wirtschaftlich immer mehr auseinanderklaffenden Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu zementieren, kann wohl kaum gerecht, geschweige denn richtig sein.

Das Deutschland besonders xenophil sei, ist ebenso eine Mär wie der Mangel an Internationalität, den der Autor hier festgestellt haben will. Wenn das so wäre, würden nicht pro Jahr Abertausende versuchen nach Deutschland einzuwandern.

Meines Erachtens braucht Deutschland, wie auch ganz Europa, keine Arbeitskrafteinwanderung. Wir haben genügend mit den wohl weiter steigenden Asylsuchenden zu tun. Aus deren Reihen sollten die nötigen Arbeitskräfte herangebildet werden.

ALBERT REINHARDT, Stralsund

Ein cleverer Schachzug

■ betr.: „Fußballbund ist empört“, taz vom 30. 4. 12

Was mit Andersdenkenden in Russland passiert, dürfte jedem bekannt sein. Die Auswahl an Möglichkeiten ist begrenzt und meist wird kurzer Prozess gemacht, ohne viel Aufsehen zu erregen. Darum verwundert es umso mehr, dass sich nun der ehemalige große Bruder der Ukraine in die Diskussion um die Inhaftierung von Julia Timoschenko einmischt.

Klar könnte man denken, je mehr Länder deutlichen Protest zeigen, umso besser. Aber ausgerechnet Russland? Was geschah denn mit den Dissidenten Alexander Litwinenko und Anna Politkowskaja? War es nicht Dmitri Medwedjew, der Regimekritiker Michail Chodorkowski erst Anfang April eine Begnadigung versagte?

Ebendieser findet nun den Umgang mit Timoschenko „völlig inakzeptabel“. Diese Aussage würde mich laut auflachen lassen, wäre sie nicht so tragisch, heuchlerisch und völlig realitätsfern. Leidet Russlands Noch-Präsident an Gedächtnisverlust? Sicher nicht, ein cleverer Schachzug von ihm! So lenkt Medwedjew gekonnt von Missständen im eigenen Land ab, die eigentlich jegliche Äußerung zu diesem Thema verbieten.

Die Ernsthaftigkeit seiner Absichten sollte bezweifelt werden! Die ganze Welt schaut auf die Ukraine – und Russland schaut zu!

KATHARINA BITTMANN, Wien, Österreich

Das ist ideologisch

■ betr.: „Kifferpass in den Niederlanden kommt“, taz vom 30. 4. 12

Ein Gericht in Den Haag bestätigt die Einführung des Kifferpasses. Ein Verkaufsverbot von Cannabis an Ausländer sei gerechtfertigt, weil das mit dem Kampf gegen illegalen Drogenhandel übereinstimme. Eine Begründung, die sich selbst begründet. Das ist nicht logisch, sondern ideologisch. Der einstige Leuchtturm der Liberalität in Europa ist auf das Niveau politischen Strafrechts gesunken.

Und das auch noch genau in einer Situation, wo global bis hinein in die UN über das Ende des Drogenkrieges diskutiert wird. Die positiven praktischen Erfahrungen der Niederlande wären in dieser Diskussion eine wertvolle Ergänzung. Doch Regierung und Gerichte reagieren im Oranjestaat nicht logisch, sondern ideologisch.

MICHAEL KLEIM, Gera

Egomanische Süppchen

■ betr.: „Das machen wir doch mit links“, taz vom 28. 4. 12

Vielen Dank für Ihre Analyse, lieber Robert Misik. Die war ja auf dem taz.lab zum Thema „Revolution now“ viel zu kurz gekommen.

Wie weit wir in Deutschland von einer Revolution entfernt sind, kann man gut erahnen, wenn man sieht, dass die progressiven linksorientierten Parteien den dringend benötigten Politikwechsel in unserem Land leider nicht mit links stemmen. Sie sträuben sich erfolgreich gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Stattdessen kochen sie unbeirrt ihr egomanisches Süppchen und die Bürger probieren mal hier und mal dort löffelchenweise die trübe Brühe.

Für ein ernstgemeintes, nach Revolution duftendes Kraftgericht bedarf es die Ernsthaftigkeit der von Ihnen gemeinten vier Parteien und jede Menge progressiver Bürger, die das stringend einfordern und auf die Straße gehen, wenn es wieder heißt: Es geht nur die große Koalition. MECHTILD LUTZE, Berlin

Ja, das kann man

■ betr.: „Das machen wir doch mit links!“, taz.de 30. 4. 12

Ja, das kann man, wenn sich der linke Flügel der Grünen und der linke Flügel der SPD der einzig wahren Partei anschließt, die diese zehn Punkte vertritt, der Linkspartei! Von den Piraten wird man die Wähler wieder schnell zurückgewinnen. Die Existenz dieser Partei ist (zum Glück) nur eine Modeerscheinung. YANNIK, taz.de