Ein Vermittler, der nicht in die Talkshows will

PIRATEN Johannes Ponader folgt Marina Weisband als politischer Geschäftsführer. Sein Credo: Feedback

BERLIN taz | Er ist ein Missionar, der seine Macken hat. Aber dafür lieben ihn die Piraten. 74,4 Prozent der Mitglieder wählten den 35-jährigen Berliner am Wochenende in das Amt des Politischen Geschäftsführers.

Im Spätherbst letzten Jahres gab Ponader bereits der Occupy-Bewegung in Berlin eine Stimme. Wo immer es um Organisation und Öffentlichkeitsarbeit ging, war er zur Stelle. Unter den Piraten fand er seine nächste politische Heimat. Sein Versuch, die Gesellschaft von unten neu zu denken, prädestiniert den freischaffenden Regisseur und Schauspieler, der sich „Gesellschaftskünstler“ nennt, für die Partei. Ponader, der von Hartz IV lebt, hat sich durch seinen Einsatz für die Entwicklung eines Modells zur Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens verdient gemacht. Er ist der Antityp zum stillen, zurückgelehnten Vorsitzenden Bernd Schlömer, der als Beamter im Verteidigungsministerium einen eher gediegenen sozialen Hintergrund besitzt.

Feedback, Feedback, Feedback – das ist das Programm, für das Ponader gewählt wurde. Statt seine eigenen Positionen kundzutun, will er nach dem Stille-Post-Prinzip eine Art Weiterflüsterer sein. Es sei nicht seine Aufgabe, inhaltliche Impulse in die Partei zu geben, sondern Impulse, die aus der Partei kommen, zu vermitteln. Geht es nach ihm, dann muss er nicht im Mittelpunkt stehen: Sollen doch die anderen in die Talkshows gehen. Das unterscheidet ihn von seiner Vorgängerin Marina Weisband, die mit wehenden Röcken und Schmuck im Haar dem Aufstieg der Piraten ein milde lächelndes Gesicht gab.

Bei der Vorstellung des neuen Piratenvorstands in Neumünster bildeten er und seine Piratenfreunde mit Daumen und Zeigefingern ein Herzchen, als wollten sie sagen: Wir müssen nur nett zueinander sein. Dahinter verbirgt sich aber auch eine verkniffene Seite. In Hochzeiten der Occupy-Bewegung verbrachte der Aktivist, der standesgemäß kein „Pressesprecher“ sein wollte, manch Abendstunde damit, mit juristischen Schritten gegen ihm missliebige Artikel zu drohen und „Richtigstellungen“ zu verlangen. Wie er die neue öffentliche Aufmerksamkeit nun meistern will, wird spannend zu beobachten sein. MARTIN KAUL