Abfuhr für Deutschland aus Washington

Außenminister Joschka Fischer erhält bei seinem USA-Besuch keine Unterstützung für einen deutschen Sitz im Sicherheitsrat. Die USA wollen bislang lediglich Japan unterstützen, von der „Gruppe der vier“ aber nichts wissen – wegen Deutschland

VON BERND PICKERT

Bei seinem Besuch in Washington hat Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) eine recht deutliche Abfuhr für die deutschen Bestrebungen nach einem ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat erhalten. Zwar sprach sich US-Außenministerin Condoleezza Rice bei der gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch nicht explizit gegen einen deutschen Sitz aus, wiederholte jedoch, dass die USA lediglich Japans Bemühungen um eine ständige Ratsmitgliedschaft unterstützen.

Japan und Deutschland bilden zusammen mit Brasilien und Indien die so genannte Gruppe der vier (G 4), die sich mit einem weit reichenden Reformvorschlag hervorgewagt haben. Danach soll der Sicherheitsrat von derzeit 15 auf 25 Mitglieder erweitert werden, davon sollen 11 statt bisher 5 einen ständigen Sitz erhalten. Neben den G-4-Staaten sollen noch zwei afrikanische Länder als ständige Mitglieder hinzu kommen.

Am Mittwoch gab die G 4 bekannt, den Entwurf einer entsprechenden „Rahmenresolution“, die möglichst noch im Juni in der UN-Generalversammlung abgestimmt werden sollte, zu verändern: Danach sollen die neuen ständigen Mitglieder kein Vetorecht mehr im Sicherheitsrat erhalten. Die Forderung nach einem ständigen Sitz mit Vetorecht war von Beginn an von den meisten Analysten als illusorisch eingeschätzt worden – nach monatelangen Diskussionen darum, ob die Neuen in einer Art Gentlemen’s Agreement auf die Ausübung des Vetorechts verzichten sollten, wird die Forderung nun ganz fallen gelassen.

Zumindest die USA aber kann offenbar auch dieser Schritt nicht davon überzeugen, sich der G-4-Initiative anzuschließen. „Wir sind nicht gegen irgendwelche Vorschläge. Wir wollen die verschiedenen Ideen prüfen, die auf dem Tisch liegen“, um dann einen möglichst breiten Konsens zu erreichen. Dabei scheint insbesondere der deutsche Sitz der US-Regierung besonders unattraktiv. „Die deutschen Bemühungen treffen in Washington nicht auf großen Enthusiasmus“, zitiert die New York Times einen nicht namentlich genannten europäischen Diplomaten, „und ich untertreibe diplomatisch.“

Neben der UN-Reform besprachen Fischer und Rice auch das weitere Vorgehen gegenüber dem Iran. Rice erklärte erneut ihre „volle Unterstützung“ für die EU-Atomgespräche mit dem Iran und sagte, sie „hoffe, dass die Iraner die Chance ergreifen, die ihnen die EU bietet, um der Welt zu zeigen, dass sie bereit sind, ihre internationalen Verpflichtungen zu erfüllen.“

Rice erwähnte auch, dass die USA womöglich doch bereit seien, eine dritte Amtszeit des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohammed al-Baradei zu unterstützen. Bislang hatte die US-Regierung stets durchblicken lassen, sie wolle keine weitere Amtszeit des Ägypters, mit dem sie vor dem Irakkrieg oft aneinander geraten war.

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