Fragen der Höflichkeit

Da gibt es diese Bands, die sich konsequent jedes Hallo verkneifen und dann ganz am Schluss eines Konzertes den maulfaulen Gesamteindruck recht nachhaltig versauen, weil einer der Musiker eben doch noch irgendwas ins Mikrofon murmelt, was man möglicherweise als ein „Bye“ verstehen könnte. Womit die gerade ihr Konzert zu Ende gebracht habende Band anzeigt, dass sie durchaus mitbekommen hat, dass da vor der Bühne auch ein Publikum anwesend war.

Aber es ist natürlich eine Geschmacksfrage. Ich jedenfalls erinnere mich gerne an ein Konzert von Goggle-A vor einer kleinen Ewigkeit im Roten Salon, und das liegt mit daran, dass die Gitarristen dieser japanischen Sixties-Band nach den Liedern manchmal ihre Instrumente umdrehten, so dass man einen darauf angepappten Zettel sehen konnte. Einfach nur „Danke“ stand darauf. Womit die Band 1.) zeigte, dass sie sich schon ein paar Gedanken um das Publikum gemacht hatte, und 2.), dass sie sich sogar im Klaren darüber war, in welchem Land sie sich gerade befand und sich nicht mit einem universalen „Thank You“ begnügen wollte.

Das mag man jetzt als ranschmeißerisch bezeichnen. Aber so schlecht steht es ja einem Touristen nicht an, sich mit ein paar grundlegenden Begriffen der Höflichkeit vertraut zu machen und wenigstens ein „Danke“ und „Bitte“ und vielleicht sogar noch „Ich hätte gern ein Bier“ in der jeweiligen Landessprache parat zu haben, wo man halt gerade ist. Und wenn Peter Gabriel bei seinem (wieder mal großorchestral angelegten) Konzert am Mittwoch in der O2 World besonders aufmerksam und entgegenkommend sein will, könnte der längst auch weltmusikalisch geschulte Musiker neben solchen Floskeln gleich ganze Lieder in der deutschen Sprache vortragen. „Biko“ zum Beispiel oder „Spiel ohne Grenzen“ und „Schock den Affen“. Zumindest hatte er die mal in seinem Repertoire, Anfang der Achtziger Jahre, als er gleich zwei Alben hintereinander zum englischen Original jeweils eine deutschsprachige Version vorlegte.

In Kanada, weiß man bei Wikipedia, soll Gabriels „Ein deutsches Album“ sogar oftmals als besser als das englischsprachige Gegenstück empfunden worden sein. Dabei ist das Deutsche nicht gerade die gängige Umgangssprache in diesem Land. Was möglicherweise heißen könnte, dass man manchmal auch in der Musik einfach Tourist bleiben möchte und außer den paar Höflichkeiten gar nicht immer ganz genau mitbekommen, was da eigentlich so textlich passiert in einem Lied. THOMAS MAUCH

■ Peter Gabriel: O2 World, Mittwoch, 20 Uhr