Diese Lausebande!

Sie kann nur zwischen menschlichen Haaren überleben: die Kopflaus, lateinisch: Pediculus capitis, die sicherlich schon auf den Steinzeitmenschen hauste und deren Eier, die Nissen, sich jedenfalls an den Haarresten vieltausendjähriger Mumien fanden. Wie ein niemals unterbrochener Kettenbrief sind die Kopfläuse von unseren Altvorderen über Millionen von Köpfen schließlich in die Gegenwart gekommen. Was umso erstaunlicher ist, als sie nicht, wie viele glauben, von Kopf zu Kopf springen können und auch nicht lange überleben, wenn sie die Bindung an ihren Wirt verlieren.

Am liebsten halten sich Köpfläuse im Nacken und hinter den Ohren ihrer Wirte auf, denn dort herrscht die ideale Umgebungstemperatur von 28 bis 32 Grad. Bevorzugt siedeln sie auf Kindern, denn die stecken so gern die Köpfe zusammen und bilden höchst einladende Haarbrücken, über die sie weiterwandern können. Und natürlich verschmähen sie dabei auch nicht eine zärtliche Mutter…

Kopfläuse sind etwa so groß wie ein Sesamkorn, also zwei bis drei Millimeter lang, und fast durchsichtig, wenn sie nicht gerade getrunken haben. Wenn man suchend die Haare scheitelt, verstecken sie sich schnell vor dem Licht. Die Nissen, die sie mit dem Haar dicht an der Kopfhaut wasserfest verkleben, sind ebenfalls durchsichtig, solange die Läuselarve noch nicht geschlüpft ist. Weiße Nissen, die mehr als einen Zentimeter von der Kopfhaut entfernt im Haar sitzen, sind leer – und ungefährlich.

Die Läuse werden etwa dreißig Tage alt: Zehn Tage entwickeln sie sich im Ei, zehn Tage brauchen sie nach dem Schlüpfen, um geschlechtsreif zu werden, und dann legen sie etwa zehn Eier pro Tag. Bei der Läusebehandlung kommt es darauf an, diesen Fortpflanzungszyklus zu unterbrechen.

Köpfläuse sind Parasiten. Mit ihrem ausstülpbaren „Stechsauger“ spritzen sie ein Gerinnungsgift in die Haut, das zusammen mit den ausgeschiedenen Fäkalien beim Wirt den typischen Juckreiz verursacht. Läusebisse sind an sich nicht gefährlich und übertragen auch keine Krankheiten. Heftiges Kratzen aber kann zu offenen Stellen und damit zu Entzündungen durch Verschmutzung führen.

„Wie die meisten Hautparasiten sind die Läuse flügellos, denn ihre Reise führt sie nie weit“, schreibt die Schweizer Biologin Sandra Leonhardt so nett. Tatsächlich wissen sogar viele Friseure nicht, dass Läuse weder fliegen noch springen können, und bekommen Panik, wenn sie eine Laus auf einem Kundenkopf entdecken. Es sind schon Kunden mit nassem Haar und Handtuch auf der Schulter vor die Tür gesetzt worden, um Ansteckungen zu vermeiden. Der souveräne Friseur von Welt aber hat immer Läusetinktur parat und verabreicht eine Kur gleich vor Ort. Selbstverständlich kommt der Fachmann auf Wunsch auch ins Haus, um diskret eine Entlausung vorzunehmen.

Übrigens: Wenn ein Mensch eine Laus hat, handelt es sich immer um eine Menschenlaus und nicht etwa eine von Hund, Katze oder (ja, das gibt es auch) Pferd. Darüber hinaus interessiert sich die Kopflaus auch nicht für die Gefilde der Filzlaus, Pediculus pubis (die sich – perfekte Arbeitsteilung – wiederum nur auf Schamhaaren, Achselhaaren oder Augenbrauen tummelt), oder diejenigen der schrecklichen Kleiderlaus, Pediculus humanus, die die Innenseiten der Kleidung besetzt und von dort aus ihre Überfälle auf den nackten Körper startet. CORNELIA KURTH