This is the End of the WASG as we know it

PDS/WASG-Einigung stößt im Landesverband NRW auf Unmut. Wütende Basisvertreter verlangen Urabstimmung über Zusammenarbeit bei der Bundestagswahl. WASG-Landeschef Aydin gegen Kandidatur auf „offenen PDS-Listen“

DÜSSELDORF taz ■ Die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) steckt in einer existenziellen Krise. Nachdem sich die Bundesvorstände von PDS und WASG in der Nacht zum Freitag grundsätzlich auf ein neues Linksbündnis zur Bundestagswahl geeinigt hatten, kochte gestern an Rhein und Ruhr die Parteiseele hoch. „Wir haben jetzt Krieg“, sagte Matthias Fiege, Linksbündnis-Gegner aus Bonn. Gestern Abend wollten sich die Befürworter eines unabhängigen Kurses der WASG in Leverkusen treffen.

Unklarheit herrscht über die Details des geplanten Linksbündnisses. Demnach sollen die Mitglieder der WASG wohl auf offenen Listen der PDS für den Bundestag antreten. Im Gegenzug will die PDS eine Namensänderung prüfen. Angeblich favorisiert die PDS eine Umbenennung in Vereinigte Linke-PDS. Spitzenkandidat in NRW soll angeblich Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine werden. Der Parteiname WASG ist dann wohl Geschichte.

Gegen eine Vereinigung mit der PDS laufen seit Tagen WASG-Vertreter aus mindestens einem Dutzend Kreisverbänden Sturm (taz nrw berichtete). Im Internet kursieren zahlreiche Resolutionen für den Erhalt einer unabhängigen WASG. „Ich rechne damit, dass mindestens 40 bis 50 Prozent der Mitgliedschaft für einen eigenständigen Kurs der WASG sind“, so der Neusser Kreisvorstandssprecher Detlef Bolz. Der WASG-Landesverband NRW ist mit mittlerweile 1.800 Mitgliedern der stärkste innerhalb der erst Anfang des Jahres gegründeten Partei.

Gestern verbreiteten sich parteiintern Gerüchte, wonach die Bundesführung angeblich auf die geplante Urabstimmung über die neue Linkspartei verzichten wolle. „Das wäre ein Vertrauensbruch“, sagte Bolz. „Notfalls können wir eine Urabstimmung erzwingen“, sagte der Bonner Fiege. Auch der WASG-Landesvorstand reagierte auf den Unmut an der Basis. „Ohne eine Urabstimmung wäre ein Linksbündnis nicht legitimiert“, sagte WASG-Landeschef Hüseyin Aydin zur taz. Er sprach sich gegen das Modell aus, auf „offenen PDS-Listen“ zu kandidieren. „Ich bin jedoch für ein Linksbündnis, weil es eine historische Chance ist.“ Muss die PDS also doch noch auf ihr Parteikürzel verzichten, um den westdeutschen WASGlern eine Kandidatur auf Listen der Ostpartei schmackhaft zu machen? Am Sonntag werden Bundes- und Landespolitiker der WASG im hessischen Kassel zusammentreffen, um einen Kompromiss zu finden, der eine Spaltung der Partei verhindert.

Während die parteiinterne Willensbildung weiter geht, sieht der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte (Uni Duisburg-Essen) die mittelfristige Perspektive eines Linksbündnisses skeptisch. „Das ist eine große Koalition der gesellschaftlichen Verlierer“, sagt der Politologe. Die PDS sei eine „ostdeutsche Volkspartei mit Graswurzelcharakter“, die WASG hingegen „eine klientelistische Gewerkschaftspartei“. Das gehe nur kurzzeitig zusammen, so der Professor. Eine mögliche Bundestagsfraktion der Vereinigten Linken könnte am Ende aus Fraktionslosen bestehen.

MARTIN TEIGELER

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